Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

 "Trainingslager"

03. März

Sonntag war das Wetter endlich mal wieder so, dass es mich nach draußen gezogen hat.

Blauer Himmel, Sonne, kühl und teils windig, aber endlich kein Regen.

Auch wenn ich auf dem Camino durch den dicksten Regen laufe, am freien Wochenende, dazu noch daheim, muss es nicht sein.

Ich habe eine zeitnahe Verbindung nach Tecklenburg gesucht, aber am Wochenende fahren die Anschlussbusse von Lengerich nicht, und da ich nicht noch eine Stunde warten wollte, bin  ich dieses Mal in Lengerich aufgebrochen. Ohne Vorbereitung wusste ich nicht, wie ich zum Hermannsweg komme und wo er genau verläuft (das Handy habe ich auch vergessen) und so bin ich einfach Richtung Berg gelaufen, denn diese Richtung war klar. 

In einer Seitenstraße Richtung Berg fragte ich auf einem Hof, ob ich zu Fuß am Ende der Sackgasse in den Wald komme und siehe dar: für Fußgänger kein Problem und schnell war ich im Wald. Laut der Auskunft wäre es aber noch ein ganzes Stück bis auf den geplanten Weg. Und so ging es den "Berg" über eine längere Strecke hinauf. Insgeheim habe ich mich geärgert, mein Handy nicht dabei zu haben. Gerne würde ich die gelaufene Strecke messen. Eine Uhr zur zeitlichen Einschätzung hatte ich auch nicht dabei, aber egal. 

Nach gefühlt einer Stunde traf ich auf das Zeichen Hermannsweg, und von dort aus folgte ich der Ausschilderung. 

Heute trage ich erstmals meine neuen Wanderschuhe im Gelände und teste sie. An 2 Tagen bin ich ganztägig in der Wohnung und draußen getragen und sie laufen sich für den ersten Eindruck gut.

Die Schuhsohle ist sehr fest, gibt wenig nach und so passt sich die Fußstellung nicht dem Weg an, was dazu führt, dass ich immer wieder bei "größeren" Steinen unter dem Schuh auf meine Balance achten muss.

Auf dem Hermannsweg ist ein Abstecher zum Lengericher Canyon ausgeschildert und weil ich noch nie am Canyon war, verlasse ich den Weg und folge der Beschilderung. Der Canyon ist ein alter, vollgelaufener Steinbruch, dessen Wasser oftmals in der Sonne türkis-blau schimmert. Als ich dort ankomme, ist die Sonne mal wieder weg und es ist einfach ein langgezogener See unter einem steilen Bergabbruch. 

Auf einer Bank esse ich meinen Quark, es ist Mittagszeit und ich habe im zum Frühstück nur 2 Knäcke gegessen. Auf dem Camino muss ich darauf achten, richtig zu essen. Noch immer bin ich auf Diät und ich merke, wenn mein Zuckerspiegel zu tief rutscht - ich werde zittrig in den den Beinen. Mein Spork ist abgebrochen und so ist der Quark schwierig zu essen. 

Vom Canyon geht es wieder bergauf und siehe da: der Hermannweg wäre hätte mich automatisch  in dieses Naturzschutzgebiet geführt. Oben auf dem Berg kann ich Tecklenburg sehen und laufe weiter in diese Richtung. Bergab, auch unebene hohe Treppenstufen, läuft es sich für mich schwerer als bergauf. Die Spastik lässt den Weg abwärts ataktisch werden, die Beine lassen sich schwerer beugen und ich bin froh auf einer groben Treppe ein Geländer zu haben. Kurz vor Tecklenburg geht es gut bergauf, aber ich spüre, dass es sich durch meine Gewichtsreduktion wesentlich leichter bergan laufen lässt.

In Tecklenburg mache ich auf dem Marktplatz eine Pause, setze mich in ein Café und genieße die Sonne. Nach einem leckeren Flammkuchen geht es auf dem Weg den ich nur zu gut kenne Richtung Dörenther Klippen. Dieses Mal nehme ich einen Abstecher den ich nicht so gut kenne und laufe unten am Berghang Richtung Dreikaiserstuhl. Derweil ich ein Schild an einer eisenhaltigen Quelle lese, werde ich von einem älteren Mann angesprochen. Wir unterhalten uns kurz, aber nett und herzlich, dann geht es in meinem Tempo weiter. Auf einem kleinen schmalen Weg geht es aufwärts zum Königinnenfelsen. Bergkletterer kommen mir entgegen, ich höre die Haken an ihren Gürteln klimpern, und als ich nach oben schaue, merke ich, dass etwas nicht stimmt. Von jetzt auf gleich sehe ich alles doppelt, alles ist unscharf und schwimmt vor meinen Augen. Ich bekomme Angst und frage mich, ob ich gerade einen Herzinfarkt oder ein Kreislaufproblem haben könnte. Mir geht es gefühlt gut, nur die Augen machen überhaupt nicht mehr mit. Mit nur einem Auge kann ich jeweils gut sehen, mit beiden Augen gleichzeitig nicht. Mir schwant, es ist meine MS. Ähnlich fühlte es sich bei meiner Augenmuskellähmung an, nur nicht so extrem. Ist es ein Uthoff-Pseudoschub durch die Anstrengung? Ist es ein neuer Schub? Ich bin total verängstigt, mein Gleichgewicht durch das nicht sehen können zusätzlich gestört. Ich kann den Rest des Weges nicht mehr genießen, alles tanzt vor den Augen.

An einem Schild biege ich zu den Dörenther Klippen ab. Das Lesen der Schilder geht auch nur mit einem Auge. Nach wenigen Metern drehe ich um. Stand auf dem Wegweiser nicht auch Ibbenbüren-Blick? Ist Ibbenbüren-Blick gleichzusetzen mit Barlags Kamp? Würde ich richtig sehen, wüsste ich genau wo ich bin, trotz des für mich halbwegs neuen Weges, aber optisch so eingeschränkt, bin ich mir unsicher. 

Ich laufe also Richtung Ibbenbüren-Blick und weiß kurze Zeit später, dass ich richtig bin. Auf diesem Weg laufe ich direkt zur Bushaltestelle und nicht erst noch den Weg bergab um wieder bergauf zu steigen. Zusätzlich muss ich nicht so schlecht sehend um das Hockende Weib steigen. 

Als ich an der Bushaltestelle ankomme bin ich nach wie vor total verängstigt, aber erleichtert es geschafft zu haben. Zufällig fährt 10min später ein Bus zum Bahnhof Ibbenbüren. Auf der Zugfahrt nach Rheine normalisiert sich mein Blick wieder. So plötzlich wie der Spuk kam ist er auch wieder vorbei.

Meine Erfahrung von heute: dass darf mir in den Pyrenäen nicht passieren. Die Wanderschuhe haben am Ende des Tages am kleinen Zeh gescheuert - ich muss ihn auf dem Weg evtl. prophylaktisch tapen.

Der Augenarzt war mit den Augen zufrieden, fand aber Anhalt für Schubsymptomatik. Eine leicht verzögerte Pupille links und ein vertikaler Restnystagmus rechtsseitig. Beim Neurologen war alles wieder so wie es sein sollte, keine Schubsymptomatik. Was das nun war? Wahrscheinlich ein Zusammenspiel aus vielen meiner Symptome. Erschöpfung in Kombination mit Gleichgewichtsstörungen, meiner Innenohrschwindelsymptomatik. Abwarten was das MRT in vier Wochen Neues bringt, denn von meinem Gefühl her, ist irgendwas rund um die Augen nicht okay.


16. März 2024

Auch heute habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. Trainingsweg Nr. 4

Das Wetter für dieses Wochenende ist nicht sonderlich gut angesagt, aber laut Wettervorhersage für meine Region soll es ab Mittag trocken sein.

Da ich den Hermannweg zwischen Hörstel/Riesenbeck und Lengerich kenne und ich mal einen unbekannten Weg wandern möchte, starte ich heute auf die erste Etappe des Hermannsweges. Mit der Strecke habe ich mich im Vorfeld nicht sonderlich auseinandergesetzt. Ich habe kurz in die Karte/Wegbeschreibung geschaut und bin in den nächsten Zug nach Rheine gestiegen. Laut Wegbeschreibung startet der Hermannweg am Rheiner Bahnhof. 

Da ich nicht vor Schließung des Tiergeschäftes wieder zurück bin und noch dringend Katzenfutter benötige, kaufe ich auf dem Weg zum Bahnhof noch 2,5kg Katzenfutter und schleppe es mit mir rum.

2,5kg Katzefutter, 1,5 l Wasser, ein 500g Glas Joghurt, Apfel, großer Fotoapparat (Luftpumpe, kleines Fernglas - sind immer im Tagesrucksack) und so einiger Kleinkram den ich nicht aus meinem Tagesrucksack ausgeräumt habe,  - da komme ich schon fast auf meinen Trekkingrucksack ohne Proviant.

Am Rheiner Bahnhof verliere ich direkt meinen Gummipuffer, den ich direkt am Start angesteckt habe. Plötzlich klackert der Wanderstab, ich höre es und kurz hinter mir liegt mein Puffer. Nach wenigen Metern bin ich schon an der Ems, gehe vorher nur eine Runde durch die Dionysos-Kirche und merke dort, dass ich auch dieses Mal meinen Fotoapparat nicht nutzen kann. Die Speicherkarte fehlt. Schade. Mit dem Handy mag ich nicht so viele Bilder machen, da der Akku doch arg begrenzt ist und ich die Wanderung aufzeichnen möchte.

Der Weg in der Stadt ist noch gut und deutlich mit dem H ausgeschildert, ab der Ems verlieren sich die Schilder. Da der Weg aber immer geradeaus über eine Straße im Wohngebiet führt, gehe ich weiter, zweifele aber. Nach dem Wohngebiet komme ich auf eine Hauptstraße. Es gibt einen weißen Pfeil auf schwarzem Grund, aber auch Wegweiser E, F R44... Ich entscheide mich für den weißen Pfeil, schaue noch kurz auf meine App, da hält DHL neben mir und fragt ob ich den Hermannsweg suche. 

Hier an dieser Ecke würde der Weg ständig gesucht werden, erzählt der Fahrer und er erklärt mir den weiteren Wegverlauf, der mit den einfache Wegweisern übereinstimmt, sofern sie vorhanden sind.

Am Lidl biege ich nach links ab und noch immer kein Wald in Sicht. Es wird ländlicher, ich komme aus der Bebauung heraus und laufe nun über eine Landstraße, rechts und links Felder. Ich freue mich über ein Storchenpaar auf einer großen Wiese. Wieder mal ist die Wegführung für mich nicht klar, folge aber dem ausgeschilderten Radweg.

6,5km Beton und noch immer kein Wald in Sicht, aber Bäume am Wegesrand. Auf einer Bank am Fischteich wo das eindeutige H mal wieder auftaucht setze ich mich zur Pause. Ich packe meinen Birnen-Sonnenblumkeimling-Quark aus und schone meine Beine etwas. Obwohl der Untergrund eben ist, fällt mir das Laufen heute nicht so leicht. Es ist anstrengend. Vielleicht liegt es an dem recht langweiligen Weg, den grauen Wolken... Ich weiß es nicht. Nicht, dass mir die Beine weh tun, aber ich muss mich heute aufraffen weiter zu laufen. 

Am Horizont und in der Wolkendecke lassen sich kleine blaue Himmelsfetzen erkennen, aber ich traue der Wettervorhersage nicht so ganz. Einmal habe ich das Gefühl, einige Tropfen gespürt zu haben.

Vielleicht fällt mir das Laufen heute vergleichsweise schwer, da mir beide Schultern unheimlich weh tun. Ich kenne meine Schulterschmerzen, aber dafür, dass der Rucksack nur auf den Schultern hängt, ist er vielleicht doch etwas schwer. Der Hüftgurt vom Trekkingrucksack entlastet doch sehr gut und gibt eine andere Gewichtsverteilung. 

Einige Wege sind schlammig, dann geht es mal wieder durch kleine bewaldete Abschnitte, man wird für hundert Meter von der Landstraße auf einen parallel verlaufenden Naturpfad geleitet um nach wenigen Metern wieder Beton zu treten. 

Nach Kilometer 10 geht es in einen ebenen Waldabschnitt, immer schnurgerade auf einem Matschweg geradeaus. Ich setze mich mal wieder für 5-10 Minuten hin, sinniere über mich und das Wetter. Der Himmel klart immer weiter auf und plötzlich ist der Himmel komplett blau, die Bäume leuchten, ebenso die Felder und Blumen. Die Tristesse der letzten Kilometer schwindet und es macht sofort mehr Spaß zu laufen, und trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Kilometer nur langsam weniger werden.

Das ist auch ein Nachteil, wenn man den Weg aufzeichnet. Ich kann jederzeit schauen, wie weit ich schon gelaufen bin, und wie weit ich noch muss. Es ändert nichts an dem noch zu laufenden Weg, wenn man weiß, wie weit es noch ist. Das Aufzeichnen des Weges raubt meinem Handy auch sehr viel Energie und der Akku schwindet mit den gemachten Fotos auf dem Weg noch mehr.

Irgendwann biege ich an die Bevergerner Aa ab und folge ihr über die fast restlichen Kilometer. Manchmal sieht es ganz idyllisch aus, manchmal langweilig am Rand eines Industriegebietes.

Dann komme ich in das alte Mühlenviertel und es wird richtig schön in diesem kleinen Stadtteil. Ein alte Bockwindmühle dominiert das Bild, alte Häuschen, wundervolle blühende Kamelien. Der blaue Himmel ist Geschichte, es ist wieder alles grau und es wird nicht mehr länger als eine Stunde bis zur Dämmerung dauern.

Ich komme mit einem Ehepaar in´s Gespräch und Frage nach dem Weg zum Hörsteler Bahnhof. Auf dem Fahrradwegweiser sollen es noch 10!km bis nach Hörstel sein. So genau habe ich im Vorfeld nicht in die Wegbeschreibung geschaut, es stand nur drin, dass man über den Bahnhof Hörstel Zugang zum Hermannsweg hat. Das Ehepaar kennt sich auch nicht aus, ist nur zu einem Wochenendausflug hier und bietet mir nett an, mich mit dem Auto zum Bahnhof zu fahren. Ich überlege innerlich kurz, ringe mit mir, und lehne dann dankend, aber herzlich ab und laufe weiter. Zu Fuß wollte ich heute gehen, dass muss doch machbar sein. Aber bleibt es lange genug hell und sind es wirklich noch 10km? Das kann ich mir nicht vorstellen. Weder von der Beschreibung, noch von meiner Energie.

Kurze Zeit später bin ich an der Kanalschleuse in Bergeshövede und sehe, dass es auf der Hauptstraße nur noch 3km bis Hörstel sind und auch der Hermannsweg läuft momentan auf dem Fußweg der Straße. Es sind nur noch 1,5km bis zum nassen Dreieck (das kenne ich seit meiener Kindheit - war aber immer mit dem Rad oder zum Spazieren mit den Eltern im Auto dort). Wo fährt am nassen Dreieck ein Bus? Fährt überhaupt einer am Samastag? An der Bushaltestelle der Bundesstraße wo ich gerade bin, fährt Samstags kein Bus. Das muss jetzt nicht sein dass ich dann gezwungener Maßen noch im Dunkeln diverse Km am Kanal oder der Straße laufen muss. So bleibe ich bei der sicheren Variante nach Hörstel. Kurze Zeit später ist ein Zugangsweg Hörstel ausgeschildert. Wahrscheinlich ist das der gemeinte Weg aus der Info, vielleicht auch nicht? Wahrscheinlich aber doch.

Ich wage es, es beginnt zu dämmern und folge dem Weg. Ob er kürzer oder länger ist: keine Ahnung. Das Handy ist leer, aufzeichnen kann ich die letzten Km auch nicht mehr.

Im Wohngebiet Hörstel angekommen frage ich nach dem Weg. Ja ich bin richtig! Die Frau mit der ich spreche sieht meine Jakobsmuschel am Rucksack und spricht mich darauf an. Auch wir haben ein kurzes und nettes Gespräch, dann mache ich mich auf die letzten Meter. Mir reicht es inzwischen für heute - absolut. 

Am Bahnhof sehe ich, dass es noch eine halbe Stunde bis zum nächsten Zug ist. Dadurch, dass nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt ein Aldi ist, gehe ich noch kurz einkaufen. Abgesehen vom Quark und einem Apfel und meinem leichten Frühstück habe ich heute noch nichts gegessen. 

Ein Päckchen Blaubeeren wird daraufhin bis zur Ankunft des Zuges verspeist. Lecker! 

Der Zug in Hörstel fährt planmäßig, ein Rheine muss ich mal wieder auf meinen Zug warten. Die Verspätung wird immer größer, aber auch dieser Zug kommt nach 30min.  

Gut, dass ich auch noch Handschuhe und Mütze mit mir rumgeschleppt habe, bei Dunkelheit sind die Temperaturen wieder gesunken.

Fazit vom heutigen Tag: 

-ein gut eingestellter Rucksack der nicht auf den Schultern aufliegt ist wichtig.

-die richtigen Strümpfe in den Schuhen dürfen nicht zu dick sein. In den dickeren Falke-Wandersocken hat letztes Mal mein kleiner Zeh nach 10km gescheuert, in den Merion-Woolpowersocks nicht.

-um genügend Akkukapazität auf dem Weg zu haben um im Notfall telefonieren zu können brauche ich eine Powerbank oder ein anderes Handy

-Speicherkarten, sollten neben einem Ersatzakku vorhanden sein

-wie zu erwarten bin ich nicht sonderlich schnell, mit den vielen steilen An- und Abstiegen werde ich noch mehr Zeit brauchen. Nie bin ich spät gestartet, habe die Morgendämemrung immer genossen und dem werde ich treu bleiben, denn ich brauche meine Zeit um die Strecken zu schaffen.


19. März

Die Vorfreude auf den Weg ist groß. 

Das Wissen um meinen Plan, das Wissen wieder auf dem Camino zu laufen, löst ein riesiges Glücksgefühl in mir aus. Ich muss gar nicht auf dem Weg sein um diese Freude in mir zu spüren.

Und irgendwie ist es auch schade, dass ich weiß, wie pilgern geht und was es bedeutet und mit mir macht. Auf jedem Weg sind die Unterkünfte anders, an einigen Tagen geht das Laufen leichter und an anderen schwerer - aber ich muss nichts großartig recherchieren.

Was in den Rucksack kommt ist klar. Ich muss einfach nur noch einige fehlende Teile erwerben und einpacken und schon kann es losgehen. 

Gestern bin ich lange durch ein Sportgeschäft geschlendert und habe verschiedene Shirts und Jacken aus/anprobiert. Mir passt durch die Gewichtsabnahme nichts mehr. Das ist gut so und soll so sein  - und ist teils harte Arbeit. Einkaufen und Gucken macht auch Spaß, aber mich erschrecken die Preise. 

Es gibt auch wenige Menschen mit denen ich mich über den Weg austauschen kann, denn auf diesem Weg ist die Ruhe die ich so liebe.

Das Wetter ist trocken und nicht zu windig. Ich werde gleich mit dem Fahrrad nach Telgte fahren und schauen, was Intersport anzubieten hat.

Es muss kein Luxus-Wander-Shirt sein, aber die Plastik-Shirts von Decathlon müssen es auch nicht sein. 

Am Wochenende oder in der darauffolgenden Urlaubswoche würde ich gerne eine mir unbekannte Etappe Hermannsweg laufen. Es würde sich, wenn ich Dissen über den Hermannsweg erreicht habe, anbieten, von Dissen über Halle nach Bielefeld zu laufen und eine Nacht bei meiner Schwester Kerstin in Halle zu schlafen. Dann hätte ich 2 Etappen an auffeinanderfolgenden Tagen, könnte morgens früh weiter laufen und müsste nicht nach Hause zwecks Übernachtung. Teures Geld für eine Pension möchte ich dafür nicht ausgeben.


26.03.2024

Und wieder gab es eine ordentliche Trainingseinheit mit 20 Kilometern. Dieses Mal führte mich der Weg vom Bahnhof Hörstel zum Hermannweg und von dort über Ibbenbüren, Dörenther Klippen nach Tecklenburg. 

Dieses Mal war ich am Dienstag unterwegs. Ich habe diese Woche Urlaub, am letzten Wochenende hatte ich Samstags keine Zeit (aber das Babysitten bei meinem Neffen Patryk hat mir viel Freude bereitet) und Sonntags war das Wetter bescheiden (wäre es aber auch am Samstag gewesen). Mag sein, dass ich auf dem Weg durch den dicksten Regen laufe, daheim mache ich das nicht und es reizt mich auch nicht.

Vom Bahnhof Hörstel war ich, je nach Angabe vom Wegschild, oder von meiner Aufzeichnung, nach 1,6 bis 2,5km am Beginn des Teutoburger Waldes. Am Huckberg ging es den Waldweg hinauf auf den Kamm bis zum "Nassen Dreieck" und dann weiter über Riesenbeck nach Ibbenbüren. Den Weg vom "Nassen Dreickeck" nach Ibbenbüren bin ich schon häufig gelaufen, ich kenne ihn seit meiner frühsten Kindheit. Und an diese Sonntagsspaziergänge musste ich auf dem Weg denken. Der früher mit Baumpilz übersähte Baumstamm war löchrig und zerfurcht und der Baumstamm rottet vor sich hin. An einigen Stellen musste ich an Schlittenfahrten mit meiner Schwester Dörthe denken, quer zur Richtung den Berg runter weil der Weg dann steiler ist. Die große Buche mit ihren vielen niedrigen Ästen an den wir uns früher an den Händen hängend geschaukelt haben. Die Abzweigung zum Steinbruch im Brumleital. Wie oft sind wir diese Runde gelaufen. Auch zu Ostern, das kurz bevor steht, sind wir hier oft gelaufen, haben Ostereier gesucht und versteckt und als kleine Kinder nicht verstanden, dass Mama die Eier immer kurz vor uns ins Laub geworfen hat. 

Viele schöne Erinnerungen, besonders auf der Strecke zwischen dem Riesenbecker Postweg und dem Hockenden Weib. 

Nach neun Kilometern werden meine Beine erstmals schlappig, aber ich beschließe nicht vor den Dörenther Klippen Pause zu machen. Vielleicht hat die Almhütte geöffnet und ich kann auf einen Kaffee einkehren. 

Am Hockenden Weib sind viele Familien mit Kindern unterwegs, es sind Osterferien, sonst wäre es in der Woche nicht so voll. Zusätzlich lockt die Sonne. Ich bleibe nicht nur auf dem Weg, sondern krabbele am Rand der Felsen vorbei und schau mit die Felsformation von unten und nicht nur aus der typischen Perspektive an. Die teils vermoosten Felsen leuchten grün in der Sonne, die Kiefern oben auf den Steinen, einige Kinder sitzen oben auf dem Fels. 

Die Almhütte hat geschlossen und so setze ich mich mit meinem eigenen Picknick an einen Holztisch und esse meinen Quark, dazu etwas Wasser. Die Pause ist nicht lang, aber sie tut mir gut. Die Beine sind wieder stabiler, das Zittern hat aufgehört und so geht es schwungvoll weiter. Über den Kammweg erreiche ich Brochterbeck recht schnell. Heute mache ich keine Abstecher über die Seitenwege. Ich muss pünktlich in Tecklenburg ankommen, weil ich mit Bus und Bahn zurück muss und heute Abend noch eine Chorprobe für Karfreitag habe.

Über Brochterbeck geht es wieder nach Tecklenburg, auch hier sind wir so oft mit den Eltern gewandert. Die verzweigten, sichtbaren Wurzeln der Buchen in einem Hohlweg haben mich schon immer fasziniert. Einfach Klasse, was die Natur alles hervorbringt.

Beim Aufstieg nach Tecklenburg merke ich meine Beine wieder, aber dennoch läuft es sich ganz gut. Ich bin nicht viel langsamer, als die für die Strecke angegebene Laufzeit. 

In Tecklenburg angekommen liege ich genau in meinem kalkulierten Zeitplan. Wäre ich 10 Minuten eher da gewesen, hätte ich den vorherigen Bus noch bekommen, aber ich weiß nicht, wo ich die Zeit hätte einsparen können. Die Pausen habe ich gebraucht und es ist kein Wettrennen. 

Im Supermarkt kaufe ich mir eine Banane und eine Packung Studentenfutter und stärke mich etwas an der Bushaltestelle. Im Laufen war mir angenehm warm, im Sitzen merke ich, wie kühl es eigentlich ist.

Bus und Zug sind pünktlich und so komme ich genau passend zu meiner Chorprobe.

Wieder war es ein schöner Tag, die Beine funktionieren recht gut, die Schmerzen kommen erst, wenn ich mir eine Pause zugestehe und zur Ruhe komme.

Meine Physiotherapeutin gibt mir am nächsten Tag noch einige Tipps für Dehnungsübungen der Beine mit, in der Hoffnung, dass diese mir die Schmerzen reduzieren.

Meine Vorbereitungen sind am Laufen. Der März war ein teurer Monat, Steuervorauszahlung, eine mehr als saftige Nebenkostenabrechnung und ich bin dabei, meine Wanderausrüstung zu kaufen. Momentan sind 24kg runter, nichts passt mehr und ob ich die fehlenden Teile jetzt oder nächsten Monat kaufe ist egal. Geld kosten sie jetzt oder auch im April und Mai. Das meiste ist da, oder bestellt. Mir fehlen jetzt noch 2 neue Trekkinghosen, eine Trinkflasche auf die mein Tinksystem passt und ein Paar Merinosocken, den Rest habe ich.