Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Oviedo - Escamplero + Diashow 1



11. Mai

Oviedo – Escamplero, 12.7km   



Mein erster Wandertag auf dem Camino Primitivo!

Ich bin in Escamplero, ich habe mein erstes Etappenziel erreicht. Es war ein am Ende anstrengender, längerer Anstieg, aber es war ein wunderschöner Weg und die Schlechtwettervorhersage für heute hat sich bislang nicht bewahrheitet. 


Nach dem abendlichen Rundgang durch Oviedo bin ich mit Einsetzen des Regens in mein Hotel zurückgegangen und habe wider Erwarten ganz gut geschlafen.
Da war sogar das Zimmer im Studentenwohnheim in Ungarn, Nähe der rumänischen Grenze besser, in dem wir anlässlich eines internationalen Chorwettbewerbes untergebracht waren. 
Wasserflecken, Schimmel, Haare im Bett, absolut dreckiges Bad mit Haarspangen und Müll auf dem Boden, ein Blechgestell mit quietschenden, durchhängenden Metallfedern als Bett und das Fensterglas droht beim Öffnen zu reißen, weil der Rahmen so verzogen ist, dass ich beschließe, das Fenster geschlossen zu halten - mehr Extras benötige ich nicht!
Dass die Nacht in der Altstadt laut ist, dazu sage ich nichts. Das ist in Ordnung, zumal am Wochenende auf den Straßen gefeiert wird und auch abends reges Treiben in der Stadt herrscht – das ist Spanien. 
Aber dennoch erwache ich erst um 7.20 Uhr. Für 30 Euro habe ich mir etwas mehr erhofft, aber ich weiß auch, dass man Fotos ganz leicht verschönern kann oder dass das, was man auf Werbefotos sieht, nicht immer der Wahrheit entsprechen muss.
Ich habe in meinem eigenen Schlafsack geschlafen. Ich bin erstaunt, dass es noch so dunkel ist und bleibe noch etwas liegen. Irgendwann stehe ich auf und gehe ich ohne meine Brille in das Badezimmer, so sehe ich den Schmutz nicht. Wofür eine ordentliche Dioptriezahl doch alles gut ist!  Ich habe genügend Zeit für meine erste Etappe. Heute für den Anfang möchte ich die erste Etappe kurz halten, die Alternative ist mehr als doppelt so weit, und das möchte ich am ersten Tag nicht. Nicht, nachdem ich seit langem keine großen Distanzen gelaufen bin.

Zum Glück ist es morgens, als ich aus dem nicht zu öffnenden Fenster schaue, trocken. Der Regen vom Vorabend hat aufgehört. Da zum Glück kein Frühstück im Preis enthalten ist gehe ich nach einer Bar Ausschau halten, bevor ich mich auf die erste Etappe begebe.

In einer Hotelbar in der gleichen Straße, schon in Laufrichtung, bekomme ich mein Frühstück. Es gibt das übliche, einfache spanische Frühstück. Im Obstkorb für die Hotelgäste sehe ich Bananen und frage höflich nach, ob ich ein oder zwei Bananen bekommen könnte. Selbstverständlich, sie werden mir nicht einmal angerechnet. Ohne Proviant wären dreizehn Kilometer zwar möglich, aber ich fühle mich besser zu wissen, dass ich für den Notfall einen kleinen Energiespender bei  mir habe.

Der Himmel ist beim Aufbruch grau, die Straßen sind feucht, aber es regnet nicht. 
Ich sehe das als gutes Zeichen und lasse meinen Regenponcho tief unten im Rucksack. 
      

                                                                                                                                                                                Der Umweg über die beiden präromanischen Kirchen, der nicht mit gelben Wegweisern ausgeschildert ist, lässt sich gut finden. Schon am Bahnhof bei der Anreise habe ich ein Straßenschild gesehen, dass auf diese beiden Sehenswürdigkeiten abseits des Weges hinweist. Die zwei kleinen Kirchen Santa María del Naranco und San Miguel de Lillo stammen aus der Mitte des 9. Jahrhunderts und sind in der Liste des Unesco-Welterbes. Diesen Umweg von nur 1km nehme ich gerne in Kauf. Ich folge der Straßenbeschilderung aufwärts und nach nur 15 Minuten bin ich aus der Stadt hinaus – endlich im Grünen. Nur wenige Häuser säumen die Straße die ständig aufwärts führt, aber die Steigung ist weniger steil, als ich sie mir vorgestellt habe. Leider sind beide Kirchen geschlossen und laut Anschlag sollen sie um 9.30 Uhr öffnen. 




Ich warte eine Weile, aber als Kirchlein Nr. 1 um 9.45 immer noch nicht geöffnet ist, wandere ich weiter. Auch Kirchlein Nr. 2 ist verschlossen. Beide Kirchen betrachte ich nur von außen.





Gerne hätte ich mir die Kirchen auch von innen angesehen, oder mir einen Stempel von den Kirchen für meine Credencial geben lassen (von Oviedo habe ich keinen Stempel, da die Kathedrale bereits geschlossen hatte – und vom Hotel wollte ich keinen), aber was nicht ist, ist nicht. Ab nun muss ich mich auf die Wegbeschreibung im Reiseführer verlassen und ich hoffe den Weg so zu finden. Meinen Reiseführer stecke ich in die kleine Tasche, die ich am Hüftgurt befestigt habe, so ist er jederzeit griffbereit. Der Weg lässt sich wesentlich leichter finden als befürchtet. An jeder möglichen Abzweigung, bei jedem kleinen Seitenweg hole ich das Büchlein hervor um herauszufinden wo der Weg lang geht, aber die Beschreibung ist eindeutig. Auf kleinen Landstassen geht es durch diverse Dörfer, der Ausblick auf die Berge und das unter mir liegende Oviedo ist schön. Noch ist alles Wolkenverhangen, aber es klart auf und der Himmel wird mit der Zeit blau. Die Sonne kommt und im Windschatten wird es richtig warm. Am Wegesrand stehen Esel, Kühe, Schafe, Ziegen und überall laufen Katzen herum, Eidechsen huschen über den Weg. 



Auch laufen mir viele kleine Hunde in den Dörfern über den Weg, aber sie gehören zu den Höfen am Wegesrand und machen mir keine Angst. Angst habe ich vor den großen Hunden, die mir in der Einsamkeit begegnen. Dorfhunde und Hunde in der Nähe von Behausungen sind meist harmlos. 
An einem kleinen Kirchlein stoße ich auf den regulären Jakobsweg, von hier ist der Weg nun ausgeschildert und ich packe mein gelbes Buch zurück in die Hüfttasche. Durch das Fenster in der Kirchentür schaue ich in die Kapelle. Neben der verschlossenen Tür ist ein kleines Kästchen angebracht, in dem ich ein Stempelkissen und den dazugehörigen Stempel finde. Ich stempele meine Credencial und nun bin ich offiziell auf dem Weg, habe den ersten Stempel des Camino Primitivos in meiner Credencial. 




Von der Kapelle trete ich wieder auf die Landstraße und laufe weiter. Nach nur wenigen Metern ruft mir ein Bauer hinterher, wo ich denn hin wolle?! Peregrina!!! Ausgerechnet dort, wo der erste Wegweiser steht, laufe ich falsch. Ich bin von der Landstraße die wenigen Meter zu Kapelle gelaufen und automatisch auf die Straße zurückgegangen. Aber nein, hinter der Kapelle führt eine Wiesenweg von der Straße weg. Nun gibt es endlich einen Wegweiser und ausgerechnet hier laufe ich falsch. Es waren nur wenige Meter und irgendwie ist es immer so auf Jakobswegen: sobald man Hilfe benötigt, oder falsch läuft taucht aus heiterem Himmel irgendjemand auf und bietet Hilfe an oder weist den richtigen Weg. 



Am Wegesrand blühen Rosen und alle möglichen Blumen. Es duftet herrlich süßlich nach den Blumen und etliche Gerüche kann ich nicht zuordnen, aber es müssen Kräuter sein.

In einem Wartehäuschen einer Bushaltestelle stehen zwei Kühe und es ist ein lustiger Anblick. Sind Kühe heute auch so lauffaul, dass sie Bus fahren? Kurze Zeit später taucht eine ganze Herde auf, die von ihrem Bauern die Straße getrieben werden. Ich schmunzele über die Situation, dann geht es weiter. Nun, wo ich auf dem „richtigen“ Weg bin, ist es mit dem Laufen auf der Landstraße vorbei. Auf teils rutschigen, matschigen Schotterwegen geht es auf und ab durch´s Grüne. 





Einige Abstiege ziehen sich, wie auch die Anstiege, in die Länge. Ich treffe auf eine Dorfstraße und finde ein Schild: Santiago 296km. Die Angaben stimmen nicht ganz mit meinem Buch überein, aber kleinlich soll man nicht sein. 




Kurz hinter dem Kilometerschild finde ich eine kleine Bar und setze ich auf einen Kaffee hin. Etwas ausspannen, erholen. Der Kaffee schmeckt nicht, er schmeckt nach Seife – ich hatte mir etwas mehr Genuss erwünscht, aber die Tasse ist sicher supersauber gespült. Nach der Pause laufe ich weiter und der Weg biegt in einen grünen Wald ab. Der Weg ist schmal, wunderschön und hat es in sich. Ich packe meine Stöcke aus und nutze sie bis zur Ankunft. Es ist gut sie zu haben, denn der Untergrund ist uneben und holperig. 




Plötzlich fangen meine Beine an zu zittern, kurze Zeit später auch meine Hände. Was soll das denn, woher kommt das so plötzlich? Erschöpfung, zu niedriger Energiespiegel? Bitte nicht schon heute nach 10 Kilometern schlapp machen! Ich esse meine Bananen und laufe weiter. Es geht steil und über eine lange Strecke bergauf und in der inzwischen scheinenden Sonne wird es mir viel zu warm.

Ich erreiche das Ortsschild von Escamplero und von hier an wird der Weg wieder flacher. Gut gelaunt, so gut wie an der ersten Herberge zu sein, läuft es sich plötzlich wieder wesentlich leichter. Die Herberge ist geschlossen! An der Tür hängt ein Schild, dass es den Schlüssel im Hotel, ca. 400 Meter zurück, gibt. Ich lasse meinen Rucksack an der Herberge stehen und laufe zum Hotel zurück. Das Hotel ist die einzige Möglichkeit im Dorf etwas Essbares zu bekommen. Ich lasse mich für die Herberge registrieren und setze mich in den Schatten der Terrasse und esse ein Pincho und trinke Wasser. In dem Hotel gibt es – oh Schreck – nur kleine 200ml Wasserflaschen mit Kronkorken. Meine leere Wasserflasche habe ich vor ca. einem Kilometer entsorgt. Wo soll ich nun für die nächste Etappe Wasser her bekommen. Wasser ist das Wichtigste auf dem Weg, auf alles andere kann man verzichten. 





Ich bin die erste ankommende Pilgerin in der Herberge. Die Herberge ist nicht sehr komfortabel, Klobrille und Klodeckel liegen auf dem Boden, Toilettenpapier gibt es nicht, der Spalt in der Duschkabine ist so schmal, dass ich nur seitlich hineinkomme und auch beim Duschen gibt es kaum eine Möglichkeit die Arme zu bewegen. Steif wie ein Brett stehe ich dort und genieße das warme Wasser. Die Betten bestehen aus einfachem Metallgestänge, es gibt sie in vielen Herbergen. Die Matratzen sind auch schon etliche Jahre alt, der häufig in Spanien unter der Decke zu findende Schimmel ist auch vorhanden. Ich nehme mir ein Bett am Fenster und reiße dieses weit auf. Nach dem Duschen wird die verschwitzte Wäsche gewaschen und draußen im Hof in der Sonne zum Trocknen aufgehängt.

Irgendwann geht es Schlag auf Schlag und in sehr kurzer Zeit ist der Herberge voll, sozusagen überbelegt. In einem Raum im Erdgeschoss, der wesentliche ordentlicher ist, als unserer, inklusive sanitäre Anlagen, gibt es ein gutes Luftmatratzenlager. Die spät ankommenden Pilger haben es viel besser als wir. Wir schlafen mit 12 Personen auf engem Raum, im Erdgeschoss schlafen nur 3 Pilger, dazu in einem renovierten Raum den das Dorf für Veranstaltungen nutzt. Aber egal, ich habe mein Bett. Am Ende des Tages sind wir mit 15 Pilgern aus Deutschland, Frankreich, Spanien und den Niederlanden in der Herberge. Etliche sind, so wie ich, heute in Oviedo gestartet, aber mindestens die Hälfte meiner Mitpilger sind schon seit längerer Zeit unterwegs und kommen vom Küstenweg.

Mit Evi, Anita und Bernadette gehe ich abends in das Hotel und wir essen gemeinsam einen würzigen, asturianischen Eintopf aus weißen Bohnen, Gemüse und Fleisch. Die Schwarte vom Schwein lege ich dezent zur Seite, Blutwurst ist auch nicht so meines, aber es ist ein regionales Gericht und so ganz haben wir die Speisekarte nicht verstehen können.

Schnell wird es mit Beginn der Dämmerung kalt. Es ist ein netter Abend und Evi und Anita teilen mir mit, dass sie meinen Blog kennen und wissen wer ich bin. Auch fragen sie mich, ob ich Frieda, meine neugeborene Nichte, schon besucht habe. 
Die Welt ist klein und es ist nicht das erste Mal, dass ich von Fremden auf meinen Blog angesprochen werde.

Dia-Show 1: Anreise, Oviedo - Campiello
 

Anreise nach Oviedo



10. Mai 2014

Der erste Teil der Anreise ist geschafft. Ich sitze in der Nähe des Busbahnhofes in Bilbao bei dem üblichen Milchkaffee und überbrücke die Zeit bis zur Busabfahrt nach Oviedo. 




Leider ist der von mir favorisierte Bus nach Oviedo, meinem Startort, um 14.30 Uhr ausgebucht. Ich habe mir im Vorfeld nie Gedanken darüber gemacht, dass der Bus ausgebucht sein könnte, denn bislang habe ich immer kurzfristig und problemlos eine Busfahrt buchen können. Hätte ich mir doch besser im Vorfeld Gedanken gemacht und einen Sitzplatz reserviert, aber hinterher ist man immer schlauer!

Nachdem ich in Begleitung eines Freundes in meinem Auto zum Bahnhof in Münster gefahren bin, bin ich mit dem Zug nach Düsseldorf gefahren, mein Auto wurde zurück in meine Garage gefahren.

Als ich in Düsseldorf am Flughafen meinen Rucksack aufgeben möchte erfahre ich, dass dieser 25 Euro zusätzlichen kosten soll. Scheinbar habe ich bei der Buchung einen Haken für Gepäck vergessen. Daraufhin beschließe ich nur meine Wanderstöcke aufzugeben und den Rucksack als Handgepäck mitzunehmen, als man mir mitteilt, dass ich die Stöcke im Handgepäck mitnehmen darf. Ich bin sehr erstaunt, denn normaler Weise werden Stöcke als Gefahrgut transportiert, denn man könnte mit diesen jemanden bedrohen oder verletzen. Auf dem Flughafen fällt der kleine Jakobus-Sticker, der seit Jahren am Rucksack hängt, ab. Gerade noch rechtzeitig bemerke ich den Verlust und pinne den Jakobus wieder an seine Stelle. Ein Zeichen? Soll ich den Weg nicht gehen, ich bin mir ja selbst nicht sicher, ob ich dem Weg gewachsen bin und eigentlich traue ich mir den Weg körperlich nicht wirklich zu - aber ich möchte es wenigstens versucht haben, denn so gut wie es mir momentan geht, ging es mir schon lange nicht mehr.

Da der Flieger sehr klein ist (zwei Sitze rechts, zwei links) wird sämtliches Handgepäck außen am Flugzeug in Extraladen verstaut und so darf alles beisammen bleiben.

Um den Rucksack als Handgepäck aufgeben zu können, trenne ich mich kurzfristig und spontan von meinem Taschenmesser, es ist alt und keine 25 Euro wert. Notfalls kann ich mir in Spanien ein Neues kaufen, aber auch die 1100km auf der Via Plata bin ich ohne Taschenmesser gut zu recht gekommen. Da mir mein Gepäck auf einer Anreise zum Camino abhanden gekommen ist, bin ich so zusätzlich sicher mein Gepäck nicht verlieren zu können.

Schon im Wartebereich des Abluggates treffe ich viele erkennbare Pilger und wir kommen in´s Gespräch – mal hier, mal dort. Man erkennt sich und scheinbar sind fast alle Pilger mit denen ich rede Wiederholungstäter. Wir tauschen uns über unsere gelaufenen und geplanten Wege aus, freuen uns gemeinsam und schwärmen über die Vergangenheit. Einfach nett, und die Wartezeit vergeht rasch.

Auch im Flieger sitzt eine junge Frau neben mir – optisch nichts als Wanderin erkennbar – aber sie erkennt mich als Pilgerin. Total aufgeregt berichtet sie, dass sie ihren Freund auf dem Camino Francés besucht und 2 Tage mit ihm wandern wird. Was ein Aufwand, An- und Abreise mit zusätzlicher Autofahrt zum Treffpunkt nehmen bald so viel Zeit ein, wie der Aufenthalt auf dem Weg. Aber, und dass kann ich gut verstehen, sie freut sich auf die zwei vor ihr liegenden Tage auf dem Camino.

Der Bus der uns in die Stadt bringt ist ebenfalls voll mit rucksacktragenden Wanderern. Alles Pilger – schon hier in Bilbao ist es rappelvoll. Bilbao ein beliebter Ort in der Anreise, von dem man überall gut hinkommt. Wenn es hier schon so voll ist, wie voll ist es dann auf dem Francés? Die meisten Pilger die ich treffe möchten auf den Camino Francés, einige auf dem Camino del Norte, aber ich treffe niemanden, der wie ich auf den Camino Primitivo möchte. Es herrscht eine freudige Aufbruchstimmung. Im Bus vom Flughafen in die Stadt sitzt eine aufgeregte, total überforderte Frau neben mir, die kurz hinter Bilbao auf den Küstenweg starten möchte und noch nie gepilgert ist. Voll mit Eindrücken und dadurch, dass sie noch nie in Spanien war, die Sprache nicht spricht, und nicht weiß wie sie nun weiterkommt, begleite ich sie, nachdem wir über das „Problem“ im Bus gesprochen haben über den Busbahnhof und erkläre ihr mit welchem Busunternehmen sie nun weiterfahren muss. Alternativ könnte man die Strecke aber auch am heutigen Tag noch zu Fuß bewältigen – oder einen Teil von ihr, wenn man nicht durch das Industriegebiet Bilbaos laufen möchte. Beim Ticketerwerb für den Bus versteht sie wieder nichts, und sie schaut verzweifelt auf mich. Nett und sozial wie ich bin, helfe ich bei dieser Hürde und wir verabschieden uns und wünschen uns einen „Buen Camino“.

In Bilbao sind es herrliche 24 Grad in der Sonne, es weht ein angenehmer Wind und ich bin froh, dass ich schon einmal hier bin.

Gestern wäre ich am liebsten daheim geblieben. Der Abschied von meinen beiden Katzen ist mir sehr schwer gefallen und ich wusste im Vorfeld, dass ich beim Abschied einige Tränchen vergießen werde. Tommi, mein Kater ist so ein Sensibelchen – wie wird er die Zeit in der Katzenpension überstehen? Um Ylvie mache ich mir weniger Sorgen. Sie ist robust mit einem Urvertrauen und hat keine Angst vor fremden Menschen. Sie schaut die ersten Minuten etwas skeptisch, und dann tollt sie herum und wirft sich vor jedem auf den Boden um sich streicheln zu lassen. Aber sie werden die Zeit überstehen und ohne Abschied von ihnen komme ich nicht auf den Camino.

Erschwerend zum Abschied kam meine Angst vor meinem Vorhaben und das seit Tagen anhaltende schlechte Wetter in Asturien, das auch noch anhalten soll. In Regenkleidung, durch Matsch und Wind über die Berge? Macht das Sinn, da überhaupt zu starten?

Ich werde das Wetter nehmen müssen wie es kommt, ich kann es nicht ändern. Aber es bleibt ein gehöriger Respekt vor meinem Vorhaben. Ich Moppel, mit einigen gesundheitlichen Einschränkungen, auf einem Bergweg? Dazu untrainiert und unvorbereitet! Aber ich sage mir immer: „Es ist nicht das Himalaja und auch nicht der Mount Everest, irgendwie wird es schon gehen?!“

Aber vielleicht ist das Wetter ja doch besser als befürchtet. Das Wetter in Bilbao ist auf jeden Fall herrlich, einfach zum Genießen.

Die drei Stunden Wartezeit gehen mit einigen Tassen Kaffee und Spaziergängen rund um den Busbahnhof, den ich von meinen vorherigen Reisen, besonders vom Camino del Norte, der hier direkt vorbeiführt, schneller rum als gedacht. 



Ich sehe einige gelbe Pfeile und Wegweiser, die nicht für mich zählen, aber für die Pilger des Camino del Norte. Pilgerherberge und Jugendherberge liegen ganz in der Nähe am Berghang.

Über den Preis für die 3,5stündige Busfahrt nach Oviedo bin ich erstaunt, aber er erklärt sich, kurz nachdem ich den Bus bestiegen habe. Es ist ein Super-Luxus-Bus mit Catering, eigenem Terminal mit Filmen,Musik und Streckenverlauf (wie im Flieger), Steckdosen an jedem Platz und sonstigem Schnickschnack. Der Bus fährt an der Küstenlinie des Atlantiks entlang und ich genieße den Ausblick auf das Meer. In den ersten 40 Minuten der Busfahrt erkenne ich viele Dörfer und Strecken die ich zwei Jahre zuvor auf dem Camino del Norte durchwandert habe. Das war ein Punkt auf dem Norte der mir oft nicht gefallen hat – die Nähe zur Autobahn oder das Laufen auf dem Seitenstreifen großer Straßen. Aber jetzt freue ich mich, diesen mir bekannten Weg zu fahren.

Der Bus wird von einer „Stewardess“ betreut. Regelmäßig werden Getränke, Bonbons, Schokolade, Kuchen und salzige Snacks verteilt.

Während der Fahrt sehe ich, dass sich der Himmel zuzieht. Stimmt die Wettervorhersage für Oviedo doch? Wolken und Regen?! Ganz hinten im Bus sitzen zwei Pilgerinnen, die kurz vor der Abfahrt des Busses zum Busbahnhof gekommen sind. Sicher wollen auch sie den Primitivo erwandern. Da wir alle während der Fahrt angeschnallt auf unseren Plätzen sitzen, kommen wir aber nicht in´s Gespräch.

Mein gebuchtes Hotel liegt nicht weit vom Busbahnhof und von der Kathedrale entfernt. Von Außen sieht es wesentlich besser aus als von innen. 


Ich ekele mich vor meinem Zimmer. Wasserflecken unter der Decke, Schimmel in den Ecken, das Bett usselig und auf der Decke etliche Haare, hinter der Badezimmertür Haarspangen und Müll vom Vor- oder Vorvorbewohner, im Abfluss der Dusche noch die Verpackung von den hoteltypischen Seifenproben. 30 Euro ist nicht so ein hoher Preis für ein Einzelzimmer in der Altstadt, aber etwas mehr Sauberkeit hätte mich doch erfreut. Mich hält nichts im Hotel und so gibt es noch einen Rundgang durch die Altstadt, relativ ziellos, aber die Kathedrale finde ich. 



In einigen Straßen riecht es nach Sidra, dem typisch asturischen Apfelwein, der im hohen Bogen in die Gläser eingeschenkt wird, und der so auch auf die Straßen spritzt.


Auch abends um 22 Uhr rennen die Kinder noch über die Straßen, überall herrscht ein reges Treiben und die Stadt versprüht Atmosphäre. Leider hat die Kathedrale um diese Uhrzeit schon geschlossen. In der Nähe der Kathedrale finde ich die ersten Muschelsymbole im Boden, die mir morgen den Weg aus der Stadt heraus weisen.



Leider fängt es an zu regnen und so kehre ich in mein Hotel zurück.

Da es mich so ekelt, beschließe ich in meinem Schlafsack zu schlafen, denn dieser ist, trotz seines schon häufigen Einsatzes, sicher mindestens ebenso sauber (wenn nicht sauberer) als das Hotelbett.

Morgen früh werde ich mich auf die erste Etappe meines diesjährigen Pilgerweges auf dem Camino Primitivo begeben. Irgendwo in der Nähe werde ich mir ein kleines Frühstück organisieren und dann geht es los. Ich hoffe, dass ich den kleinen Umweg über die beiden Unesco-Weltkulturerbe-Kirchen finde. Viele Pilger nehmen den Weg über diese beiden Sehenswürdigkeiten, aber er ist  nicht ausgeschildert. Ich werde der Beschreibung in meinem Pilgerführer folgen und hoffe sie so zu finden, aber ich glaube in der Nähe des Bahnhofes ein Straßenschild Richtung Santa María del Naranco und San Miguel de Lillo gesehen zu haben.
Auf dass die Nacht gut und schnell rum geht.

...ich habe es wirklich geschafft!

27. Mai 2014
Ich habe es wirklich geschafft. Nach 14 Wandertagen auf dem Camino Primitivo und Francés bin ich in Santiago de Compostela angekommen.
Eigentlich habe ich nie daran geglaubt, dass ich diesen Weg schaffen könnte. Beim Blick auf das Höhenprofil wäre ich am liebsten daheim geblieben.
Der Weg war wunderschön und hammerhart, aber er hat sich gelohnt. 
Die wunderschöne Natur, die Ruhe und meine Mitpilger haben mich täglich motiviert weiter zu laufen. 
Es war ein körperlich sehr anstrengender Weg, für Etappen abseits der Straßen habe ich teilweise sehr lange gebraucht, aber man hat ja den ganzen Tag Zeit seine Etappe zu bewältigen - was hat man sonst schon zu tun? Und an einem Wettrennen um Betten beteilige ich mich nicht und muste es zum Glück auch nicht tun - es hat gepasst und auf den letzten 50km auf dem Francés habe ich mir, egal was andere Pilger davon halten, in zwei privaten Herbergen ein Bett vorbestellt. Für mich war es wichtig zu wissen, dass es einen sicheren Schlafplatz für mich gibt, denn ich war oftmals an meiner persönlichen Belastungsgrenze.
Ich habe die Zeit, trotz aller Strapazen, sehr genossen und nun muss ich erst einmal wieder im Alltag ankommen und alle Gedanken sortieren und aufschreiben.



Danke an alle, die mir die Daumen gedrückt haben, die mir Mut zugesprochen haben und einen großen Dank an alle, die den Weg mit ihrem Engagemnt möglich machen. Es gab so nette kleine Herbergen am Wegesrand und dabei kommt es nicht auf die Ausstattung an, die Atmosphäre macht es aus!


...demnächst ausführlicher und mehr!

Ich bin dann mal weg...



10. Mai 2014

Ich bin dann mal auf dem Camino Primitivo.

Soweit die Füße laufen… 

P.S. Und auch in Oviedo und Umgebung regnet es gut und reichlich.

Mai 2014

1. Mai 2014  
Der Mai ist gekommen, ich bleibe heut zu Haus!
Schon wieder ein absolut grauer, verregneter Tag. Gerade am 1. Mai zieht es alle nach draußen in die Natur, aber bei dem Wetter?
Regen von 123gif.deIch werde mir einen gemütlichen Tag zu Hause machen und falls es am Nachmittag anders aussieht kann ich mich immer noch in die Natur begeben.
Was habe ich mir da nur vorgenommen? Ich habe so meine Zweifel und auf der anderen Seite lockt die unberührte Natur Asturiens.
In 10 Tagen sitze ich um diese Zeit im Flieger.
Ich hoffe, das nachgefügte Zitat bewahrheitet sich!
Wer ein lohnendes Ziel vor Augen hat, überwindet auch steinige Wegstrecken.
(Esther Damm)


Und noch ein Nachtrag zum heutigen Eintrag: 
Der Mai ist gekommen, ich bin heute mal wieder Tante geworden! 
Auf den Tag vier Wochen zu früh wurde heute Morgen Frieda Magdalena geboren. Ich freue mich mit meiner "kleinen" Schwester und ihrem Mann. 
Mehrfach habe ich mir Gedanken gemacht, dass ich durch meinen geplanten Weg die Geburt verpassen würde und ob ich das möchte und nun ist Frieda schon da und ich kann sie vor meinem Start noch kennenlernen. Ich freue mich! Herzlichen Glückwunsch Dörthe und Björn.



Und außerdem passend zum 1. Mai hat Kater Tommi heute einen Maikäfer auf meinem Balkon gefangen. Allerdings durfte er ihn nicht behalten - er hat ihn nur ungern abgegeben und hätte gerne damit gespielt, aber ich habe ihn der Natur zurück gegeben.


3. Mai 2014
In einer Woche sitze ich bereits im Bus nach Oviedo.

Die Zeit rast, wo sind nur die 3,5 Monate geblieben, seitdem ich mich dazu entschlossen habe mich auf den Weg zu machen.

Die letzte Woche bis zum Aufbruch wird nur so verfliegen – ich habe noch so viel vor.

Morgen möchte ich mit dem Bus nach Gelmer fahren und von dort dem Jakobsweg folgen, der mich nach ca. 10 Kilometern  Fußmarsch an der Haustür vorbei führt. Am späten Nachmittag bekomme ich noch einen kurzen Besuch von meiner Familie, die zufällig am gleichen Tag in Münster ist.

Montag werde ich in der Frühe zu meinen Eltern aufbrechen und von dort werden wir nach Hamburg fahren um meine neugeborene Nichte Frieda und ihre Eltern zu besuchen. Von Hamburg werde ich abends mit dem Zug zurück fahren, derweil meine Eltern noch bleiben.

Demnach muss ich Dienstag mit dem Bus in meine Heimatstadt gondeln um mein Auto abzuholen. Außerdem steht noch ein Arzttermin an. Vielleicht hat mein Orthopäde noch eine kurzfristige Idee, denn bei längeren Strecken tut mir der rechte Ballen/Vorfuß weh und erschwert das Laufen. Das Problem hatte ich auch schon auf dem Küstenweg und wenn möglich würde ich dieses Mal darauf verzichten. Leider habe ich keinen früheren Termin bekommen. Der folgende Mittwoch ist noch terminfrei und ich sollte ihn zum Aufräumen und zum vorbereiten/überprüfen meines Rucksackes nutzen. Donnerstag in der Früh starte ich mit meiner Pilgerfreundin Sigrid in Warendorf. Zu Fuß geht es entlang des Ems bis nach Telgte zur Gnadenkapelle. Freitag muss ich mich von meinem Katzenduo trennen und sie in ihre Urlaubspension bringen. Wenn ich an die beiden Süßen denke könnte ich das ganze Vorhaben direkt absagen. Dann bleibt noch etwas Zeit um mich um die Wohnung zu kümmern, die Blumen in´s Treppenhaus oder in den Garten zu bringen, damit mein Nachbar unter mir die Treppen nicht jedes Mal steigen muss. Am Samstag werde ich gegen 5.30 Uhr von einem Freund abgeholt und zum Bahnhof gebracht. Dann gibt es kein zurück mehr.
Mein Rucksackinhalt ist komplett. Die noch fehlenden Blasenpflaster und die neuen Wandersocken habe ich heute besorgt. Bleibt noch die Frage: Nehme ich die Trekking-Blusen mit oder lieber zwei T-Shirts. Noch habe ich einige Tage um mir darüber Gedanken zu machen.



Schaffe ich / meine Beine den Weg, bin ich kopftechnisch stark genug mich täglich der neuen Strapaze zu stellen? Momentan habe ich das Gefühl einen chronischen Muskelkater – oder wie soll ich das nennen – in den Unterschenkeln zu haben. Es sind keine wirklichen Schmerzen, aber ich spüre meine Beine. Tagsüber hält sich das Ganze in Grenzen, aber wenn ich zur Ruhe komme, abends im Bett liege, nachts wach werde oder morgens noch etwas liegen bleibe, stört dieses Gefühl und ich weiß nicht, was ich mit den Beinen machen soll – oder wie sie bequem liegen. Dieses Gefühl ist nicht neu, aber ich habe es noch nie beim Arzt angesprochen. Es würde auch nichts ändern, denn ich möchte nicht noch mehr Medikamente nehmen. Wegen der häufigen und starken Kribbelparästhesien habe ich vom Neurologen schon mal ein Medikament bekommen, aber die Nebenwirkungen und die dadurch weiter verstärkte Müdigkeit waren mir zu viel – dann lieber einige Missempfindungen mehr, als zusätzliche Nebenwirkungen. Dafür hat sich mein Körper nach nun 6 Monaten an das Medikament Aubagio gewöhnt und seit 2 Wochen sind die durch das Medikament verursachten täglichen Diarrhoen abgeklungen.

Gestern habe ich eine sehr nette Mail von einem mir unbekannten Pilger bekommen, der mir einen sehr netten Kommentar zu meinem Blog hinterlassen hat. Es erfreut mich immer wieder, wenn ich mit meinem Blog anderen Lesern eine Freude bereite – das mein Schreibstil gefällt.
Auch mein Pilgerfreund Aloys den ich 2010 auf der ersten Etappe der Via de la Plata kennen gelernt habe, hat gestern geschrieben. Aloys hatte auch ein gesundheitlich schlechtes Jahr 2013 (konnte sich genau wie ich auch nicht auf den Weg begeben) und macht sich wenige Tage vor mir auch mal wieder auf eine Pilgerreise (Fortsetzung seines französischen Pilgerwegs). Aloys dürfte inzwischen 74 Jahre sein und ich finde es toll, dass er nach wie vor – auch nach der schweren OP im letzten Jahr – sich erneut auf den Weg macht. Auch wenn wir nur sporadisch voneinander hören stehen wir nach wie vor im Kontakt und auch wenn wir uns nie absprechen, wir sind jedes Jahr fast zeitgleich unterwegs. Auf dem zweiten Teil der Via Plata haben wir uns um einige Tage verpasst. Es wäre schon toll gewesen, wenn wir uns zufällig wieder auf dem Weg begegnet wären. Aloys hat mir noch einiges von seinem Primitivo berichtet, um es mir damit ggf. etwas zu erleichtern.
Je nach dem, ob meine „kleine“ Schwester am Montag noch mit ihrer Frieda im Krankenhaus oder schon zu Hause ist, und wie lang der Besuch dauert, werde ich noch meine Hamburger Pilgerfreundin, die ich in Bad Wildungen kennen gelernt habe, kontaktieren. Vielleicht hat sie spontan Zeit und Lust auf eine Tasse Kaffee – denn das Zugticket ist für abends gebucht, egal wie lange der Besuch dauert.
Mal schauen, was sich diese Woche noch alles ergibt!


5. Mai 2014
Wie war das noch einmal mit meinem Wochenplan für die letzte Woche vor der Abreise? Bis jetzt habe ich nichts von meinen Plänen umgesetzt. Sonntag wollte ich mit dem Bus nach Gelmer fahren um von dort aus eine Runde zu laufen. Auf dem Weg zur Bushaltestelle die fast neben meiner Wohnung liegt, sehe ich wie der Bus an mir vorbei fährt. Na ganz toll. Sicherheitshalber schaue noch einmal auf die Uhr, aber laut meiner Info käme der Bus erst in fast 10 Minuten. Also bin ich wieder nach Hause gegangen. Eine Stunde später ist der Himmel grau in grau, es ist kalt und windig und ich beschließe die Wanderung auf einen anderen Tag zu verschieben. 

 Da die Fatigue momentan stark ausgeprägt ist, mache ich mir einen netten entspannten Tag in meinen vier Wänden. Für Montag war der Besuch meiner neugeborenen Nichte Frieda in Hamburg geplant. Da Frieda aber eine Gelbsucht entwickelt hat und unter das Blaulicht soll und ich so keine Möglichkeit habe die Kleine zu sehen, entscheide ich den Besuch zu verschieben. Wenn ich die weite Fahrt nach Hamburg auf mich nehme möchte ich die Süße auch sehen dürfen und mal auf dem Arm tragen. Da ich so nun heute „frei“ habe, beschließe ich die gestern verschobene Wanderung nachzuholen. Wieder befrage ich das Internet nach der Abfahrtszeit und begebe mich zur Bushaltestelle. Ich warte auf den Bus und schaue auf die Abfahrtszeiten als ich sehe, dass die ausgeschilderten Abfahrtszeiten nicht den angegebenen Zeiten im Internet entsprechen. Entnervt gehe ich wieder zu meiner Wohnung zurück. Stattdessen steht nun „Englisch-Nachhilfe“ bei Patenkind und Fast-Nachbar für heute auf dem Plan. Wandern und Nachhilfe sind zwei ganz verschiedene Dinge, aber was tut man nicht alles für die lieben Kleinen. Natürlich hätte ich einen späteren Bus nehmen können, aber irgendwie finde ich den Dreh nicht, mich erneut aufzumachen und so genieße ich einen schönen Tag mit Tom und Ylvie. Als ob sie ahnen, dass ich sie bald für einige Tage abgeben muss – sie legen momentan ganz viel Wert auf ausgiebiges Kuscheln und Spielen. Die Sache mit dem Blumengießen ist auch geregelt, aber dass das kein Problem wird, war mir klar. Dietwald der unter mir wohnt gießt in meiner Abwesenheit meine Blumen und ich werde seine und Anitas Blumen dann in den drei Wochen ihres Urlaubes im Juni versorgen. Mal sehen was der Tag morgen bringt und ob mein Orthopäde noch irgendeine schlaue Idee gegen die Schmerzen im Vorfuß hat, die bei längerem Laufen regelmäßig auftreten.



6. Mai 2014                                                                                                                            Und wieder ist ein Tag vorbei, ein Tag weniger bis zum Abflug.                                                      In aller Ruhe habe ich heute meinen Rucksack ausgepackt und auf Vollständigkeit kontrolliert. Tom und Ylvie waren ganz begeistert vom Rumgekrame und haben alles Stück für Stück unter die Lupe genommen, besonders den Rucksack. 


Anhand meiner bewährten Packliste habe ich alles in der gewohnten Ordnung eingepackt. Unten der Schlafsack in seiner Regenhülle und die Crocs, zuunterst im großen Fach das Regencape (wandert notfalls bei Bedarf nach oben – ich hoffe, ich brauche es nicht zu häufig), darauf der Kleidersack und dann Kulturtasche, Handtücher, Handtasche und am Rand zum Lückenfüllen der Kleinkram wie z.B. Taschentücher. Im Rücken das Herbergsverzeichnis und der Notizblock. Innen im Deckelfach die Papiere, wie Credencial, Bahnticket usw. Im großen Deckelfach Regenschutz und Apotheke und vorne im kleinen Frontfach Taschenmesser, Spork, Sicherheitsnadeln. Meine Packordnung hat sich auf den mehr als 2000 gewanderten Kilometern bewährt, und ich finde alles auf Anhieb wieder, auch wenn man dazu ggf. alles auspacken muss. Das ist der Nachteil meines kleinen 35l-Rucksackes. Es ist kein Platz zum Kramen, alles hat seinen festen Platz. Der Vorteil besteht darin, dass man genau überlegen muss, was gebraucht wird und nichts Überflüssiges mitschleppt. Die wenigen Dinge wie Fotoapparat, Handy und die dazugehörigen Ladekabel, die noch nicht eingepackt sind, habe ich auf meiner Liste notiert, aber ich weiß, dass ich am Abend vorher noch einmal alles auf Vollständigkeit überprüfe.
Wegen der Schmerzen im rechten Vorfuß war ich nachmittags noch bei meinem Orthopäden. Immer wenn ich länger laufe, schmerzt der Vorfuß und es fühlt sich an, als ob ich auf dem blanken Knochen laufe. Dieses Problem begleitet mich schon lange, hat im Alltag für mich aber keine Relevanz, weil die Schmerzen erst nach ca. 2-3 Stunden kontinuierlichen Laufens auftreten. Der Küstenweg wurde mir täglich durch diesen brennenden Schmerz, zu allen anderen Dingen die dort nicht so waren wie ich es mir vorgestellt habe, schwer gemacht. Der Orthopäde hat eine chronische Weichteil und Sehnenentzündung im Vorfuß festgestellt und mir eine ordentliche Spritze in den Vorfuß gegeben. Wenn die Probleme Freitag noch zu spüren sind, darf ich morgens noch einmal kommen um möglichst beschwerdefrei zu starten. Dazu gibt es noch neue extraweiche orthopädische Einlagen, die gerade noch bis Freitag fertig werden. Übermorgen, am Donnerstag, werde ich auf der Wanderung mit meiner Pilgerfreundin Sigrid austesten, was der Fuß sagt und davon abhängig machen, ob ich mich Freitag noch ein weiteres Mal spritzen lassen. Wenn die Spritze drei Wochen wirkt bin ich voll und ganz zufrieden. Leider kann ich die Wanderung am Donnerstag nicht in meinen richtigen Wanderschuhen machen, weil diese auch beim Orthopädieschuhmacher sind, damit die Einlagen korrekt passen. Ich werde in meinen Wanderschuhen, die ich auf dem ersten Teil der Via getragen habe, auf die Tour starten in der Hoffnung dass es nicht regnet, denn die Volllederwanderschuhe sind nicht wasserdicht (aber sonst super bequem).

Tom und Ylvie haben heute ihre neue große Transportbox ausgiebig beschnuppert, ausprobiert und Probegelegen. Wenn die wüssten, warum das Ding im Wohnzimmer steht…


8. Mai 2014


Auch heute hat sich mal wieder gezeigt, dass es nichts bringt viel vorweg zu planen. Die geplante 18km-Tour entlang der Ems von Warendorf nach Telgte habe ich aufgrund des Wetters abgesagt. Schon gestern war es absehbar, dass das Wetter auch heute nicht sonderlich gut werden würde. So gerne ich mit Sigrid laufen gegangen wäre, eine Erkältung muss so kurz vor dem Start nicht mehr sein und es wäre kein Vergnügen gewesen bei kalten Temperaturen durch den Regen zu laufen.

Stattdessen habe ich eine Freundin in Everswinkel besucht und statt wie geplant Musik zu machen, haben wir lange und ausgiebig miteinander gequatscht und es war ein gutes Gespräch.



Meine Wohnung ist für die Abreise vorbereitet, alles ist aufgeräumt und sauber aber gerade habe ich dann doch noch einmal meine Nähmaschine ausgepackt, die ich eigentlich schon verstaut hatte.

Meine neugeborene Nichte ist so klein, dass keine Kleidung passt. Also habe ich gerade noch den Schnitt für ein Shirt in Gr. 50/56 kleiner kopiert und genäht. Vielleicht schaffe ich morgen zwischendurch noch einen zweiten Pullover, aber ansonsten ist der Tag morgen voll mit noch zu erledigenden Dingen. 


 In der Frühe werde ich mir noch eine Spritze beim Orthopäden in den Fuß geben lassen – besser ist besser – denn ich konnte heute aufgrund der abgesagten Wanderung nicht feststellen wie der Vorfuß auf langen Distanzen reagiert. Danach werde ich ggf. noch etwas für Nichte Frieda nähen oder ich werde einfach noch Zeit mit meinen Katzen verbringen. Zur Bank muss ich noch, und die wenigen noch fehlenden Dinge (sind aber vorhanden) in den Rucksack packen. Nachmittags muss ich noch meine Wanderschuhe und die neuen orthopädischen Einlagen beim Schuhtechniker abholen, danach die Katzen in ihr Urlaubsdomizil bringen, mich kurz bei meinen Eltern verabschieden und noch einige Stunden schlafen bevor es los geht. Viel Zeit bleibt morgen nicht und der Tag wird einfach davonfliegen.


9. Mai 2014

Der letzte Vorbereitungstag. Wo ist nur die Zeit geblieben?

Vorhin habe ich mir noch schnell eine zweite Spritze vom Orthopäden abgeholt. Sicher ist sicher, denn die lästigen Vorfußschmerzen möchte ich auf diesem Weg nicht haben. Der Weg wird mich herausfordern und mich an meine Grenzen bringen, da nehme ich sehr gerne eine wirklich fiese Spritze in Kauf und erleichtere mir das Gehen durch hoffentlich nicht vorhandene Fußschmerzen. Auf dem Rückweg vom Orthopäden bin ich noch schnell beim Orthopdieschuhmacher vorbei gefahren, in der Hoffnung, dass meine Einlagen fertig sind. Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht – denn eigentlich hatte ich angekündigt, sie nachmittags abzuholen. Gleich werde ich die wenigen noch fehlenden Dinge in meinen Rucksack packen. Handy und Kameraakkus sind vollständig geladen – und dann steht nicht mehr wirklich viel auf dem Plan. Etwas Ordnung schaffen, die Katzen in ihr Urlaubsdomizil bringen und wenn ich dann noch Zeit habe, werde ich noch ein oder zwei Shirts für meine jüngste Nichte nähen.



Ich möchte mich für die vielen guten Wünsche bedanken, die ich per Mail oder über unser Pilgerforum erhalten habe. Einen herzlichen Dank an meine Pilgerfamilie, dass ihr alle an mich denkt, mir Mut gemacht habt und mir so nett geschrieben habt.