Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022


 Casa Fernanda - Ponte de Lima, 01.06.2022

Nun bin ich in Ponte de Lima 

Irgendwie, vielleicht hat Jakobus es gerichtet, hat sich alles als absolut passend ergeben.

 

Das "späte" Frühstück bei Fernanda und ihrem Ehemann war sehr nett. Rustikale Kaffeekannen, unterschiedliches Geschirr, Milch, Tee, Früchte, Brot und hausgemachte Marmelade. Die Orangen aus dem eigenen Garten sind einfach nur lecker, so saftig, süß und fruchtig schmeckt keine Orange aus dem deutschen Supermarkt. Elegant lassen sich diese Früchte nicht essen, der Saft läuft aus allen Poren - aber dafür mit Genuss. Als wir uns verabschieden hat sich das Gewitter das uns weckte verzogen und es ist trocken. 

Ich weiß nicht über was ich heute schreiben soll. Viel  Gedanken habe ich nicht, mein Kopf ist leer und ich erfreue mich an der Natur und bin glücklich, dass es so gut läuft.

In den neuen Schuhen habe ich diverse kleine Blasen. Ich spüre sie, aber sie können mich nicht aufhalten. 

Heute sehe ich erstmals Pilger vor mir, aber da wir fast zeitgleich gestartet sind ist das kein Wunder, es wird sich auseinander ziehen. Und was sind schon diese wenigen Pilger?

Die drei Iren, mal Allen und Sandro, und zu Beginn die 2 Mädels von der die eine , glaube ich, noch nicht weiß was sie vom Weg halten soll. Sie hatte einen Jakobsweg auf ihrer To-do-Liste,  "Was man einmal im Leben gemacht haben sollte". Sie schleppt zu viel Kosmetik mit und der Schlafsaal mit 10 Betten (keine Etagenbetten) war ihr zu groß. Auch auch da muss jeder seinen Weg finden.

Der Schlafsaal bei Fernanda war sooooo ruhig. Ich habe, als ich einmal wach wurde, niemanden atmen hören. 

Die Blicke über die Landschaft sind heute wunderschön. Auch das Lichtspiel mit den Wolken ist abweckslungsreich. Einige Hügel liegen komplett in den Wolken, andere strahlen in der Sonne.

Nach wie vor führt der Weg überwiegend über Landstraßen und Kopfsteinpflaster.  

Allan aus Australien empfinde ich als netten Mitpilger. Zuvor war er irgendwo vor Porto als Hospitaliero tätig, hat dafür einen Kurs in Sydney zur Vorbereitung besucht. Auf der anderen Seite der Erdkugel gibt es Kurse zwecks Pilgerbetreuung. Es hat sich gestern mit Fernanda um uns alle gekümmert, auch wenn es jetzt nicht mehr seine Aufgabe ist. Er läuft mit einem 2-räderigen Pilgerwagen.

Ich mag das leuchtende grün, die  Blumen, die Natur. Es ist nicht das touristische Portugal, diese kleinen Dörfer und Weiler sind nicht interessant im eigentlichen Sinn, aber sie haben Charme und zeigen sich von der natürlichen Seite. Kein Protz, kein Schickimicki. Kleine Kirchen und Kapellen findet man in jedem Ort vor. 

Heute laufe ich an mehreren Brunnen mit dem typischen weiß-blauen Kacheln mit Jakobus-Motiv vorbei.

Links von mir liegen etliche Hügel, muss ich darüber?

Morgen geht es wieder stärker aufwärts, ich hoffe, dass die Wege nicht zu matschig und rutschig sind. 

So gerne ich Naturwege mag, Straßen sind berechenbarer, auch wenn ich beim Kopfsteinpflaster gut aufpassen muss. Gestern hat mich ein Auto in eier kurve so erschrocken, dass ich beim Ausweichschritt zur Seite weggerutscht bin. Zum Glück konnte ich mich noch fangen, aber der Schreck überkommt mich dabei immer. Wie mag das für meine liebe Pilgerfreundin Sigrid sein, gehörlos und mit Gleichgewichtsproblemen? Sie nimmt die Autos erst wahr, wenn sie sie sieht.

Auch heute bin ich mal etwas gerutscht, und jedes mal durchfährt mich ein Adrenalinstoß. Die Angst zu fallen hat sich durch einige Stürze in der Vergangenheit eingeprägt. Nicht zu denken, wenn ich hier im Ausland einen Unfall habe und mich ernsthaft verletze. 

Nachdem ich die 3 Iren in der Bar auf dem Weg getroffen habe, treffe ich in am Fluss Lima, kurz vor Etappenziel, wieder. Die Jugendherberge öffnet erst um 13 Uhr und wie warten am Fluss auf einer Bank. Ich gehe noch etwas in Richtung historische Brücke und setze mich in ein Café. Ich möchte die Zeit für einen Tagebucheintrag nutzen, aber das geht nicht. Mein Tagebuch ist in meinem großen Rucksack und dieser ist beim Transportunternehmen. Mein kleiner Tagesrucksack ist nicht sonderlich komfortabel. Ein Fach, ich finde nix und bin immer am wühlen, die  Schultergurte einfach zwei Stoffstreifen ohne Polsterung. Darüber habe ich mir im Vorfeld keine Gedanken gemacht - ich habe einfach den kleinen Tchibo-Faltrucksack eingepackt, da er leicht ist und kaum Platz benötigt.

Nachdem ich etwas durch das Städtchen geschlendert bin mache ich mich auf den Weg zur Jugendherberge. Mein Rucksack steht im Eingangsbereich, ich nehme ihn, checke ein und suche mein Zimmer. Bislang bin ich alleine in einem Vierbettzimmer, aber ich freue mich über die Ruhe - aber die Stimmung in einer JH ist nicht vergleichbar mit der Atmosphäre in einer Herberge. Nach dem Duschen regnet es wieder, es gibt keinen überdachten Trockenplatz (oder ich habe ihn nicht gefunden) für die Wäsche und so hänge ich sie auf einem Bügel vor mein überdachtes Zimmerfenster.

Paul aus den Niederlanden ist auch hier, wir haben uns vorhin zufällig auf dem Flur getroffen und erst einmal etwas gequatscht. Ich kann gut mit ihm reden.

Nachdem es wieder trocken ist gehe ich noch einmal in das Städtchen. Die Wettervorhersage für morgen ist nicht sehr gut, 95% Regenwahrscheinlichkeit. Am sichersten wäre es laut Vorhersage sich erst am Nachmittag auf den Weg zu machen, aber mit dem Gedanken fühle ich mich nicht wohl. Ich schicke ein Gebet in den Himmel und bitte um die restlichen 5% Trockenheit. Ein Gebet schadet nicht. Gibt es den da Oben? Ich glaube schon. Ob nun alles so war, wie es in der Bibel steht, ob Gott, Schicksal, Sonstiges.... Mir ist das egal. Irgend eine höhere Macht gibt es und auf meinen Caminos spüre ich diese Anwesenheit so viel mehr als im Alltag. 

Allan sagte: Andere Wege sind einfach nicht der Camino, nur Wanderwege. Da lohnt es sich immer wieder von Sydney anzureisen, egal wie weit es ist.







































 

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