Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Münster - Düsseldorf - Madrid - Salamanca

Montag, 11. April 2011
Münster – Madrid – Salamanca

Ich bin wieder in Salamanca, in der Stadt in der ich meine Pilgerreise auf der Via de la Plata vor knapp einem Jahr beendet habe. Wo ist das Jahr nur geblieben?
Mitten in der Nacht um 1.50 Uhr werde ich von einem Taxifahrer abgeholt und zum Bahnhof gebracht. Der Taxifahrer spricht mich an, wohin ich mitten in der Nacht möchte und ich sage: "In den Urlaub". Der Taxifahrer schaut mich an und fragt ob der Rucksack das einzige Gepäckstück ist. Ich erzähle kurz, was ich vorhabe und seine Augen werden immer größer. Mein Chauffeur schaut etwas ungläubig, nicht weil ich mich auf den Jakobsweg begebe, sondern weil er mein einziges Gepäckstück als recht klein für 4 Wochen empfindet.
Ich freue mich sehr darüber, dass mein Rucksack so klein, leicht und handlich ausfällt. Mehr würde ich gar nicht tragen wollen und mein Deuter 35+10l enthält alles, was ich auf dem Weg benötige.
Eigentlich wollte mich eine sehr gute Freundin, die mein Vorhaben Jakobsweg nie angezweifelt hat, zum Bahnhof /Flughafen bringen – so wie vor drei Jahren als ich auf den Camino Francés gestartet bin. Aber durch eine kurzfristige Dienstplanänderung war dieses nicht möglich.
Nach einer nur 5minütigen Taxifahrt steige ich am Bahnhof aus und gehe zu meinem Bahnsteig. Obwohl es  2 Uhr in der Nacht ist, ist es nicht leer auf dem Bahnsteig. Pünktlich fährt mein Zug ein und los. Ich sitze alleine im Abteil eines Großraumwagens und beobachte das Putzpersonal bei der Zugreinigung. Alle Mülleimer werden geleert, nur der kleine stinkige Abfalleimer an meinem Sitzplatz wird nicht ausgeleert. Vielleicht möchte man mich nicht stören, aber ich bin froh um jede Störung. Es wird eine lange Nacht und ein langer Tag werden bevor ich mich ausruhen und schlafen kann.
Nach einem wunderbaren Konzert mit meinem Chor haben wir den Abend noch gemütlich in einem Lokal ausklingen lassen, gegen Mitternacht habe ich mich auf den Heimweg begeben. Zuhause habe ich noch in die neuste CD unseres Chores gehört, habe noch einmal meinen Rucksackinhalt überdacht und bin aus der Konzertkleidung in meine Wanderkleidung gestiegen. Nur kurze Zeit später war auch schon das Taxi da.
Der Zug bringt mich mit einem Umstieg in Gelsenkirchen direkt zum Flughafen Düsseldorf. Die Schwebebahn die den Bahnhof mit dem Flughafen verbindet ist zur Zeit wegen Reparaturen gesperrt und so steige ich in den Ersatzbus. In rasanter Fahrt geht es um etliche Kurven zum Flughafen und frühzeitig bin ich am Flughafen. Im Prinzip wäre es auch möglich gewesen den nächsten Zug zu nehmen, aber zeitlich wäre es sehr knapp geworden -  eine Verspätung und mein Flieger wäre weg. Dieses Risiko möchte ich nicht eingehen und so bin ich gut zufrieden, rechtzeitig am Flughafen zu sein.
Ich suche meinen Schalter von Scandinavian-Airlines und finde ihn in der hintersten Ecke des Flughafengebäudes. Ich checke ein, wiege meinen Rucksack und bin außerordentlich zufrieden mit dem Gewicht – 7,2kg. Zu Hause habe ich jedes Inhaltsstück meines Gepäckes auf der Küchenwaage gewogen und laut meinen Berechnungen müsste der Rucksack noch 200 Gramm leichter sein, aber auf diese 200 Gramm soll es nicht ankommen.
Mit einem Kaffee und einem Croissant warte ich auf meinen Flug. Vor der Durchleuchtung meines Rucksackes habe ich noch etwas Sorge. Habe ich alle Vorschriften bedacht? Sind die Shampooflaschen größentechnisch richtig? Was ist mit meiner kleinen Verbandsschere – Scheren sind doch eigentlich verboten?! Mein Taschenmesser habe ich zu Hause gelassen, aber auf die kleine Schere wollte ich nicht verzichten. Andererseits wäre es auch nicht so schlimm, wenn ich sie zurücklassen müsste. Ich lege alles auf das Band und werde problemlos durch gewunken.
Das Flugzeug, das mich nach Kopenhagen bringt, ist sehr klein. 2 Sitzplätze rechts, 2 Sitzplätze links. Die Gepäckklappen sind so klein, dass mein Rucksack kaum in das Fach über dem Sitz passt. Ich scheine beinahe die einzige Touristin zu sein, alle anderen Mitflieger sehen wie Geschäftsleute aus. Außer einer kleinen Aktentasche und einer Laptoptasche haben sie nichts dabei.
Der Start und die Landung kommen mir sehr wackelig und unruhig vor, aber ansonsten ist es ein ganz normaler Flug. In Kopenhagen werden wir mit dem Bus zum Flughafengebäude gebracht. Aus welchem Grund auch immer, wir stehen 15 Minuten mit dem Bus auf dem Flugfeld und es geht nicht vorwärts. Endlich im Flughafengebäude angekommen, bleibt mir keine Zeit mehr für einen Klogang. Ich suche mein Terminal und laufe im Sauseschritt dorthin. Ich bin eine der letzten einsteigenden Passagiere, dann gehen auch schon die Türen zu und wir starten Richtung Madrid.
Pünktlich landet die Maschine in Madrid und ich bin froh, mich vorher genau informiert zu haben. Ich habe zwei Möglichkeiten, oder auch drei, um nach Salamanca zu kommen. Die erste Möglichkeit ist die von mir Favorisierte - am Terminal 1 fährt ein Direktbus nach Salamanca.
Möglichkeit 2 wäre eine 50minütige Metrofahrt in die Innenstadt Madrids um von dort den nächsten Bus nach Salamanca zu nehmen, Variante 3 wäre eine Zugfahrt.
Ich erkundige mich nach dem Terminal 1 und laufe los. Es gäbe auch die Möglichkeit einer Busverbindung, aber darauf möchte ich nicht warten, da „verliere“ ich zu viel Zeit.
Nach 10 Minuten im Laufschritt bin ich am Terminal 1 und finde den Schalter für den Verkauf der Bustickets. So gut es geht lasse ich mir den Weg zum Bus erklären und muss draußen etwas suchen. Der Flughafen ist so groß und es stehen so viele Busse herum – aber mein Bus ist nicht zu sehen. Alle Personen die ich frage können mir keine Antwort geben, aber laut Internet fährt der Bus am Parkplatz des Autoverleihs. So frage ich mich nach dem Autoverleih um und schon weiß ich, wo hin mein Weg mich führt.
Eigentlich ist Pilgern das Entdecken der Langsamkeit und ich haste über den Flughafen und zum Bus, aber dieses soll mein einziges Eilen auf dem Weg sein. 10 Minuten vor der Abfahrt erreiche ich erleichtert meinen Bus und mache es mir in ihm bequem. Ledersitze, Klimaanlage, große Fenster – das Bus fahren in Spanien ist ein günstiges und angenehmes Vergnügen.
Ich bin gespannt auf den Moment in dem ich Salamanca erstmals sehe. Nach fast 2,5 Stunden sehe ich die Altstadt von Salamanca. Ich freue mich wieder in dieser Stadt zu sein.
Vom Busbahnhof laufe ich in die Innenstadt. Prophylaktisch habe ich ein günstiges Jugendherbergsbett für die erste Nacht gebucht, aber eigentlich möchte ich dort nicht schlafen (es ist für mich nur eine Notlösung). Als erstes steuere ich die Pilgerherberge an und bin erstaunt, dass fast noch alle Betten frei sind.


Damit habe ich nicht gerechnet!
Außer mir sind nur wenige Pilger in der Herberge und alle beenden hier ihren Weg. Einige Pilger haben sich laut Aussage der anderen Pilger ein Hostal geleistet um ihre Ankunft und das Ende des Weges zu feiern.
Ich belege ein Bett im gleichen Zimmer, wie im Vorjahr. In der Herberge erhalte ich meinen ersten Stempel in diesem Jahr. In meiner Begeisterung wieder in Salamanca zu sein erzähle ich den Hospitalieros, dass ich die Via hier in Salamanca fortsetzen möchte. Ich zeige ihnen den Stempel des Vorjahres und den heutigen, gleichen Stempel, aber sie verstehen meine Bemühungen nicht.
Nachdem ich mein Bett belegt und den Rucksack abgestellt habe, zieht es mich hinaus in die Stadt. Ich gehe zur benachbarten Kathedrale, schlendere durch die Altstadt und schaue mir an, wo der Weg mich morgen aus der Stadt hinausführt. Ich genieße den Stadtrundgang.
Viel habe ich letztes Jahr nicht von Salamanca gesehen. Bei meiner Ankunft war ich krank und total schlapp durch die heftige Grippe, dass ich nichts besichtigen konnte.
Die Kathedrale, das Muschelhaus, die Plaza Mayor, die Stierkampfarena und viele andere Gebäude schaue ich mir an.




Bedingt durch die Siesta hat die Touristeninformation noch geschlossen und ich lasse mich treiben. Ich weiß nicht an welchen historischen Gebäuden ich vorbei laufe, aber das macht nichts. Die Atmosphäre in der Stadt ist locker und leicht. Viele junge Menschen sitzen in den kleinen Grünanlagen und auf der Plaza, Touristen laufen durch die Stadt, Pilger sind nur wenige zu sehen.
In einem kleinen Lebensmittelladen besorge ich mir den Proviant für den nächsten Tag und ein kleines Abendessen. Meine Einkäufe bringe ich in die Herberge und nehme nur mein Abendessen und mein Tagebuch wieder mit hinaus. Ich schaue mir noch einmal die alte, schöne Römerbrücke an auf der die Via de la Plata in die Stadt hineinführt. Im Grünen unweit der Brücke setze ich mich auf die Wiese und esse mein Bocadillo con Chorizzo. Anschließend setze ich mich in den Park neben der Herberge und schreibe den ersten Bericht meiner Reise in mein Tagebuch. Wie auf allen Reisen ist es wieder ein kleiner, nicht schöner Collegeblock. Nicht schön, aber mit vielen leeren Seiten Papier und nicht schwer.
Im Park blüht alles bunt und reichlich. Die Vögel zwitschern, Störche segeln in der Thermik und ich genieße den lauen Abend.


Ich freue mich auf den Weg. Was wird er mir bringen? Werden meine Füße durchhalten? Generell wie verhält sich mein Körper – bin ich wirklich 10 Tage nach einer Unterbauch-OP schon wieder fit genug für die vor mir liegende Anstrengung? Wen werde ich kennenlernen? Wird mein Bett mich wirklich täglich finden – wieder habe ich keine Isomatte dabei!?

Es wird sich alles ergeben und für alles wird sich eine Lösung finden – ich bin mir ganz sicher.

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