Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Zamora - Montamarta

15. April 2011
Zamora – Montamarta
17,9 Kilometer

Am frühen Morgen, kurz nachdem ich erwacht bin, kommt die Hospitaliera herein und stellt gnadenlos das Deckenlicht an. Es ist 7 Uhr und ein Pilger hat zeitig aufzustehen. Damit niemand bei der Helligkeit wieder einschläft wird zusätzlich das Radio aufgedreht. Da ich schon eine Weile wach bin und nach dem anstrengenden Vortag bestens geschlafen habe, bin ich bereit in den nächsten Tag zu starten. Der Ausschlag und der damit verbundene Juckreiz und Schmerz ist rückläufig, aber immer noch zu spüren und zu sehen. In aller Ruhe packe ich meinen Rucksack, aber ich bin scheinbar nicht schnell genug – so wie meine Mitpilger. Die nette Hospitaliera kommt wieder in unser Zimmer und ruft zum Frühstück.
In der Küche gibt es Tee und Kaffee, Zwieback mit Marmelade, Kekse und Cornflakes und all das kostet nichts. Gemeinsam frühstücken wir mit allen Pilgern die hier übernachtet haben. Einige sind sehr ruhig und noch müde, andere beginnen den Tag meditierend und schweigend, einige sind schon am erzählen. Jeder startet seinen Tag so individuell, wie wir alle sind. Nach dem Frühstück fülle ich meine Wasserflasche in der Küche auf. So kaputt wie ich am Nachmittag nach meiner Ankunft war, habe ich keinen Proviant für den heutigen Tag besorgt.
Die Hospitaliera sieht mich am Wasserhahn hantieren und gibt mir eine neue Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Diese Herberge ist wirklich empfehlenswert und ich finde es schlimm, dass einige Pilger keine Spende geben. Wie sollen sich diese wunderbaren Unterkünfte finanzieren, wenn man die Gastfreundschaft ausnutzt? Bei Herbergen die auf Spendenbasis betrieben werden ist es für mich selbstverständlich den Betrag zu geben, den auch die anderen Unterkünfte verlangen und in einer Herberge mit dieser guten Betreuung gebe ich gerne mehr.
Ich bin hier so herzlich empfangen worden, man hat mir nach der Ankunft Obst gegeben, damit ich Energie tanken kann, uns wurde in der Küche geholfen und man hat uns zu unserem selbst bereiteten Essen noch Wein und Obstsalat aus dem Kühlschrank angeboten, ich habe Eiselemente zum Kühlen meiner Beine bekommen, es gab Frühstück und mein Wasservorrat wurde aufgefüllt. In dieser Herberge habe ich mich sehr wohl gefühlt und kann diese nur weiterempfehlen.
In Zamora finde ich den Weg durch die Altstadt nicht und ich laufe, so wie ich es mir vorstellen kann, durch die Stadt hindurch.


Entweder gibt es keine Wegweiser oder ich habe den entscheidenden Wegweiser übersehen und komme an einer anderen Stelle aus der Altstadt heraus. Ich weiß nicht, wo ich bin und wie ich wieder auf den Weg komme und so setze ich meinen Rucksack ab und packe meinen Pilgerführer, der sich oben im Rucksackfach befindet aus. Leider hat meine Wanderhose nur relativ kleine Beintaschen und meine Reiselektüre muss so im Rucksack bleiben. Ich bin ca. 500 Meter oberhalb des Jakobsweges auf der stadtumrundenden Straße, zum Glück gibt es von Zamora einen kleinen Stadtpan im Reiseführer. Nach 500 Metern bin ich wieder auf dem Weg und laufe an einer befahrenen Straße aus der Stadt hinaus. Bislang begleiten mich viele Straßen auf meinem Weg. Letztes Jahr, auf den ersten 500 Kilometern bis Salamanca, bin ich so wenig auf Straßen gewandert und seit Salamanca treffe ich häufig auf Beton. Aber auch dieser Straßenabschnitt wird wieder in die Natur führen. An der Straße entlang geht es bis Roales del Pan. Die Straße führt durch Industriegebiete und einige Wiesen am Wegesrand werden zum Abladen des privaten Mülls genutzt. In Roales del Pan gibt es einen Schrebergarten mit Pilgerskulpturen und anderen christlichen Kunstwerken aus Pappmachée.



Na ja, schön finde ich die Figuren nicht, aber über Kunst und Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Auch in diesem Dorf werde ich mal wieder von kleinen kläffenden Hunden empfangen. Auch kleine Hunde können beißen, aber diese kleinen Exemplare belustigen mich eher mit ihrem wilden Gehabe.


Durch einige Industriehallen am Wegesrand führt mich der Weg wieder auf die Piste. Obwohl die Sonne scheint, ist es sehr windig und der Wind lässt mich die Temperaturen als kalt empfinden.



Die Piste führt kontinuierlich geradeaus, auf und ab durch die Felder der Meseta. Einige Tümpel mit Froschgequake lockern das Landschaftsbild etwas auf, ansonsten bleibt das Landschaftsbild gleich. Felder, und die Nationalstraße und Autobahn in einiger Entfernung hinter einigen Feldern. Die Straße ist meistens zu sehen und je nach Windrichtung auch zu hören.



Heute fällt mir besonders auf, dass es am Wegesrand keine Blumen und kein Summen von Insekten gibt. Die riesigen Felder sind wahrscheinlich so gut mit Insektenvertilgungsmittel und Unkrautvernichtungsmittel gespritzt, dass jegliches Leben neben dem Getreideanbau vernichtet wird. Auf den 18 Kilometern sehe ich nur eine einzige Blume am Wegesrand.


Welch ein Unterschied zum farbenreichen, blühenden Andalusien und der Extremadura. Heute höre und sehe ich auch keinen einzigen Vogel. Ich kann mir das nicht ganz erklären, aber es ist so.



Montamarta ist schnell und problemlos erreicht, aber die Wegführung zur Herberge entspricht nicht der Wegbeschreibung meines allwissenden Buches. Ich bin hin und her gerissen, zwischen ausgeschildertem Weg und Buchbeschreibung, entscheide mich aber für den ausgeschilderten Weg. Es ist möglich, dass sich seit Herausgabe des Buches einiges geändert hat. Die Ausgabe meines Outdoor-Wanderführers ist von 2009, dass heißt, die Recherchen zum Buch wurden 2008 geführt – drei Jahre sind seitdem vergangen.

Die Herberge ist mit einem weißen Metallschild ausgeschildert und wird im Buch als einfach, aber okay beschrieben. Mich verwundert ein Hinweis an einer Mauer auf eine neue Herberge, diese ist bei mir nicht erwähnt. Durch einen Pappelhain erreiche ich das einzeln stehende Haus in dem sich die Herberge befindet. Ich bin die erste Pilgerin, außer mir ist niemand da. Die Kopfkissen schrecken mich etwas ab, aber da ich bisher alleine bin, nehme ich mir das Bett mit dem besten Kissen und gehe duschen.
Das Bad hat eine eigenartige, ungewöhnliche Türkonstruktion. Von einem kleinen Vorraum kann man zur Toilette oder in die Dusche gehen. Für beide Räumlichkeiten gibt es nur die eine Tür. Entweder ist das Klo durch die Tür verschlossen, dann steht man für alle offensichtlich in der Dusche, oder man ist in der Dusche hinter der Tür, dann gibt es aber einen freien Blick auf das WC. Eine wirklich sparsame Türkonstruktion. Da ich alleine bin, kann es mir egal sein und nutze die Tür wie ich sie gerade benötige.
Die Dusche setzt alles unter Wasser. Es spritzt in alle Himmelsrichtungen und nichts bleibt trocken. Unter der Badezimmertür läuft das Wasser in den Flur und nach meinem Duschbad, dass ich genieße nehme ich den Aufnehmer um alles wieder zu trocknen. Meine Wäsche hängt in der Sonne und trocknet und es bleibt nichts zu tun, als das Dorf zu besichtigen.


Im Dorf gibt es einen Tante-Emma-Laden mit Wucherpreisen, aber es gibt eine Einkaufsmöglichkeit. Zum Mittag gibt es heute Joghurt, Obst und ein Stück Brot. In der Herberge zurück bin ich immer noch alleine. Ich habe ein ungutes Gefühl nachts alleine in dem großen Schlafsaal zu schlafen. Wo sind die Pilger aus Zamora geblieben? Wir haben alle kurz nacheinander die Herberge verlassen und auf dem Weg habe ich wieder niemanden gesehen und wurde auch von keinem Radler überholt. Bis zur nächsten Übernachtungsmöglichkeit sind es wieder fast 24 Kilometer – sind alle anderen bis Granja de Moeruela gelaufen, 41 Kilometer?
Am späten Nachmittag kommt Wolfgang. Was er so lange auf dem Weg gemacht hat, der kühl, windig und nicht wirklich einladend war ist mir ein Rätsel. Vielleicht hat er sich auch vor seinem Start noch Zamora angeschaut, möglich wäre es. Ein spanischer Pilger mit einem kleinen Terrier kommt noch hinzu. Terrier Dosty trägt inzwischen Wanderschuhe, weil er sich die Pfoten wund gelaufen hat – auch für ihn ist der Weg anstrengend. Dosty hat sein Herrchen schon einmal auf einem Pilgerweg begleitet und stolz zeigt mir der Hundebesitzer ein Foto der Compostela seines Hundes.


Mit Wolfgang drehe ich noch eine Runde durch das Dorf und besuchen eine Messe in der kleinen kalten Kirche. Nach der Messe gibt es einen Kaffee in der Bar und wir checken schon einmal die Lage für den nächsten Morgen. Gibt es eine Bar, die schon um 7 Uhr öffnet, damit wir den Morgen mit einem Kaffee und einem Toastada willkommen heißen können? Die Bar erklärt sich nach einigen Verhandlungen bereit um 7.30 Uhr für uns zu öffnen und wir freuen uns morgen gestärkt auf den Weg zu starten. Auf dem Rückweg zur Herberge klingeln wir an dem kleinen Dorfladen, der eigenartiger Weise verschlossen ist, obwohl laut Ladenöffnungszeiten geöffnet sein sollte. Die Ladeninhaberin öffnet uns und wir kaufen einige Dinge für ein gemeinsames Abendessen ein. Vor der Herberge essen wir gemeinsam zu Abend. Etwas Brot, Frischkäse, ich habe zwei Möhren kaufen können und etwas Schokolade und Wasser. Es sind noch einige Radpilger eingetroffen und ich bin froh hier nicht alleine schlafen zu müssen, wo die Eingangstür nicht abschließbar ist.


Mit der Dämmerung wird es schlagartig kalt und wie es aussieht muss ich heute Nacht auf die wenig einladenden Decken zurückgreifen, wenn ich nicht frieren will.

1 Kommentar:

  1. Hallo kannst Du generell die Via de la Plata als Pilgerweg empfehlen. Was waren Deine schönsten Streckenabschnitte?

    Danke und Gruß von Walter

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