Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Münster - Hondarribia, meine Anreise

Montag, 18. Juni 2012

Morgens, um 1 Uhr in der Früh, schellt mein Wecker und ich „quäle“ mich aus dem Bett heraus. Lange Zeit habe ich mit gemischten Gefühlen auf den heutigen Tag gewartet.
Es geht wieder los. Auf nach Spanien, auf den Camino del Norte. Ich habe vier Wochen Zeit um so weit zu laufen, wie meine Füße mich tragen. Santiago de Compostela kann ich zu Fuß unmöglich in nur vier Wochen erreichen und so ist es ganz egal, wie weit ich laufen werde. Es kommt nicht darauf an, ob ich am Ende 500 oder 600 Kilometer gelaufen sein werde. Der Weg ist das Ziel.
Obwohl ich mich sehr freue, starte ich mit sehr gemischten Gefühlen. Ein recht ungutes Gefühl hat mich in der Zeit der Vorbereitung begleitet. Ich weiß, dass ich körperlich zur Zeit nicht so fit bin und auch die Vorfreude, dieses unbeschreiblich leichte Gefühl dass mich sonst immer begleitet hat, ist nicht vorhanden. Aber ich versuche alles möglichst positiv zu sehen. Es wird kommen, wie es kommen wird – und ich werde es so annehmen.
Nachdem der Wecker mich aus dem Tiefschlaf gerissen hat, bereite ich mich schnell auf den Tag vor. Der Rucksack ist gepackt, die Wohnung ist aufgeräumt und so gibt es nicht viel zu tun. Pünktlich, um 1.45 Uhr schellt mein Taxi an meiner Wohnungstür und nur 5 Minuten später, bin ich schon am Bahnhof. Auf dem Bahnhof ist es für diese Uhrzeit relativ voll und laut. Abends war noch ein Deutschlandspiel im Rahmen der Europameisterschaft und viele Feiernde nutzen den Nachtzug um nach Hause zu kommen. Um mich herum im Zug sitzen etliche Menschen, mit schwarz-rot-gold geschminkten Gesichtern und Klamotten. Alle Mitfahrenden sind gut gelaunt und wach, nur ich kämpfe mit meiner Müdigkeit.
In Gelsenkirchen habe ich einen kurzen Aufenthalt und dann geht es pünktlich mit dem Zug weiter Richtung Düsseldorf. Ich bin erstaunt auch diesen Zug als sehr voll zu erleben, viele Ausländer, Farbige, sitzen um mich herum und all diese Personen sind auf dem Weg zur Arbeit – ich hingegen bin auf dem Weg in den Urlaub.
Um 4.20 Uhr bin ich am Düsseldorfer Flughafen. Der Skytrain, der mich vom Bahnhof zum Flughafen bringt, ist rappelvoll. Mensch an Mensch stehen wir dicht gedrängt in dem kleinen Zug. Die Zeit am Flughafen vergeht sehr schnell, ich gebe meinen Rucksack auf und schon bald bin ich im Flieger.


Da ich zwei voneinander unabhängige, einzelne Flüge gebucht habe, muss ich in Barcelona meinen Rucksack von der Gepäckausgabe abholen, den Sicherheitsbereich verlassen und mich erneut in die Schlange der Reisenden einreihen. Problemlos gebe ich in Barcelona meinen Rucksack erneut auf, dieses Mal muss er über den Sperrgutschalter aufgegeben werden, und ich begebe mich wieder in den Sicherheitsbereich. Der Flug von Barcelona nach San Sebastian ist genauso unruhig, wie der erste Flug.


Das Flugzeug liegt, aufgrund von Turbulenzen, sehr unruhig in der Luft, aber nach einer Stunde bin ich schon in San Sebastian. Der Flughafen ist sehr klein, ich habe ihn mir doch etwas größer vorgestellt. Als ich meinen Rucksack wieder bekomme, stelle ich fest, dass die Gummipuffer meiner Wanderstöcke fehlen, aber sonst ist alles vollständig.
Ich bin am Beginn meiner Wanderung. Der Flughafen von San Sebastian liegt ca. 25km von der eigentlichen Stadt entfernt. Ich setze meinen Rucksack auf und beginne meinen Weg mit einem kurzen Gang nach Hondarribia. Hondarribia liegt am Beginn des Weges und hat eine kleine wunderschöne, mittelalterliche Altstadt. Hondarribia ist ein kleines Fischerdörfchen, direkt am Meer gelegen.



Es ist bedeckt und schwül-warm als ich den Atlantik das erste Mal sehe. Hondarribia ist schnell besichtigt, die Kirche in der Altstadt ist, wie so häufig, geschlossen. Ich begebe mich durch das alte Stadttor wieder hinaus aus dem Städtchen und finde, tief unten auf einer Mauer, meinen ersten gelben Wegweiser. Er ist sehr verwittert und nicht wirklich auffällig angebracht, aber es ist eindeutig ein Wegweiser.


Wie viele Gedanken habe ich mir gemacht, ob ich den Weg aus Hondarribia hinaus problemlos finden werde, habe mir Landkarten bei Google angeschaut und ausgedruckt, und nun laufe ich direkt auf den ersten Pfeil zu.
Meine erste Nacht in der touristischen Herberge von Hondarribia habe ich vorgebucht. Die Herberge liegt etwas außerhalb der Stadt, aber fast direkt am Weg – kurz hinter einer Abzweigung. Den Wegweisern folgend mache ich mich auf den  Weg und der Weg ist problemlos zu finden. Es geht bergauf, es ist schwül-warm, wenn auch bedeckt und ich schwitze schon nach wenigen Metern stark. Nach zwei Kilometern spüre ich meinen linken Fuß überhaupt nicht mehr - ein pelziges Gefühl, als ob der Schuh mit Sand gefüllt ist.
Das fängt ja gut an. Jetzt trage ich den Schuh seit inzwischen mehr als 12 Stunden kontinuierlich, und nach 2 Kilometern spüre ich meinen Fuß nicht mehr. Gedanken gehen mir durch den Kopf, ist das ein Symptom der Multiplen Sklerose, oder liegt das Problem am Schuh und der zu erwartenden, eventuellen Fußschwellung beim Laufen? Mitten auf dem Weg ziehe ich den Schuh aus und bewege den Fuß hin und her und nach kurzer Zeit kommt das Gefühl wieder. Also Schuh wieder an und noch lockerer binden, als zuvor. Nach ca. 4 Kilometern kann ich meine heutige Unterkunft sehen. Die restaurierte, alte und wunderschöne Mühle, liegt im Tal an einem kleinen Fluss.


Die Abzweigung auf den Jakobsweg, hinauf auf den ersten hohen Berg, liegt nur wenige Meter entfernt. Oben auf dem Berg kann ich eine Kapelle sehen, und wenn mich nicht alles täuscht, geht es morgen dort hinauf. Noch höher, links von der Kapelle, kann ich einen alten Wehrturm sehen, und dieser Turm ist in der Wegbeschreibung erwähnt.



In der touristischen Herberge treffe ich nur auf das junge Herbergspersonal. Davon, dass ich für heute ein Bett über das Internett gebucht habe, wissen sie nichts – aber kein Problem. Ich bin die erste Pilgerin, der erste Gast des heutigen Tages. Die Herberge ist wunderschön und ich kann mir ein Bett in dem Zimmer aussuchen. Ich erfahre, dass sich noch zwei weitere deutsche Pilgerinnen für heute telefonisch angemeldet haben.


Ich setze mich mit meinem Brot und Aufschnitt nach draußen, versuche zu essen und meinen ersten Tagebucheintrag zu machen. Es ist nicht so leicht wie gedacht, da einer der kleinen Herbergshunde großen Gefallen am Duft meines Brotes hat. Außerdem weiß der Hund was gut ist und genießt meine Streicheleinheiten. Ständig kommt er wieder zu mir zurück und schlawenzelt um mich rum. Es gibt noch weitere Hunde die zur alten Wassermühle gehören, außerdem Katzen, Ziegen, Esel, Ponys. Ein oder zwei Stunden nach meiner Ankunft kommen zwei süddeutsche Pilgerinnen in die Herberge, Inge und Brigitte. Sie sind zuvor durch Frankreich gepilgert und wollten den Weg auf dem Camino Francés fortsetzen, aber die Massen dort haben sie zum umplanen gebracht und so starten sie morgen ihre erste Etappe auf dem Camino del Norte.  Die Herberge liegt wunderschön im Grünen, mitten im Wald.


 Ich erkunde das Gelände, freue mich über die Schönheit der Natur und mache mir Gedanken über das morgige Wetter. Inzwischen sind die grauen Wolken tiefschwarz und ich befürchte das Schlimmste. Neben Brigitte und Inge erreichen auch noch Assunta und Anna aus Spanien die Herberge. Wir fünf melden uns zum Abendessen an, niemand von uns möchte noch einmal die vier Kilometer zum Dorf und die vier Kilometer zurück zur Herberge laufen. Abends gibt es Salatsuppe (vielleicht auch mit einem Hauch von Spinat), gemischten Salat, Pommes mit Schweinefleisch und als Nachtisch Joghurt, dazu wie üblich Wasser oder Wein.
Während des Essens beginnt es zu gewittern und zu regnen. Der Donner rollt ordentlich durch die Berge und hinterlässt ein lautes, unheimliches Echo. Da es hier in der Einsamkeit bei dem schlechten Wetter nichts zu tun gibt, zieht es uns alle in das Bett.
Mal sehen, wie die erste Nacht im Schlafsack wird und was der morgige Tag bringt. Ich weiß, dass es in Nordspanien gerne und oft regnet, aber wenn ich aus dem Fenster schaue, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich die Wolken so schnell verziehen, aber vielleicht täusche ich mich auch, schließlich kenne ich mich hier mit dem Wetter nicht aus. Ich hoffe das Beste.

1 Kommentar:

  1. hallo anne, kannst du mir sagen wie die herberge in hondarribia heisst und die adresse? ich suche was für meine anreise zum küstenweg. danke und gruß
    david

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