Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Carrion de los Condes - Terradilos de los Templarios

13. Mai 2008
Mein 13. Wandertag
Die Nacht in der Klosteralbergue war ein einziger Alptraum. Ich habe mich so auf die Nacht in einzeln stehenden Betten gefreut (kein Geschwanke, weil sich der andere Schläfer dreht), aber ich habe keine Minute geschlafen. Ich bin mir ziemlich sicher Fieber zu haben. Mir ist heiß, der Kopft tut weh, die Nase läuft, der Hals ist rot und ich bin nicht mehr auf dem Damm.
Sicherlich wäre es für mich besser in der Albergue zu bleiben, aber da ich mich in diesem Gemäuer doch ekel, entscheide ich mich zum Weiterlaufen. Aber das Weiterlaufen war keine leichte Entscheidung, zumal die erste Wegstrecke 18km weit über dieVia Aquitania - ohne Dörfer - führt. Schaffe ich in diesem Zustand 18km zu laufen? Es bleiben nur zwei Alternativen: laufen oder bleiben. Die schlaflose Nacht habe ich zum Grübeln genutzt und ich entscheide mich zum Gehen.
Die Sonne geht wieder wunderschön auf und schnell bin ich aus der Stadt heraus.





Die ersten 18km führt der Weg einfach nur geradeaus. Keine Abwechslung, keine Steigung, keine Brunnen - einfach nichts, außer Landschaft.
Wäre ich besser drauf, könnte ich diese karge Landschaft sicherlich mehr genießen, aber es ist nun einmal nicht mein Tag.



Am Wegesrand steht irgendwann ein Campingwagen und ein Einheimischer lädt zu Kaffee und Tee ein. Eine willkommene Abwechslung - aber heute möchte ich nur ankommen und nicht noch lange pausieren.
Eigentlich Quatsch, gestärkt und ausgeruht würde das Laufen wahrscheinlich leichter fallen, aber für Logik bin ich heute nicht zu haben. Mal wieder frage ich mich, was ich denn überhaupt gerade tue. Warum tue ich mir das an, was soll sich durch den Weg ändern. Ich bin ich und werde auch ich bleiben, egal wie weit ich laufe. Zu anderen Gedanken bin ich heute nicht fähig.
Am Ende des historischen Wegstückes der Via Aquitania ist ein winziges Dörfchen. Dort gönne ich mir eine Pause und beim Bocadillo fange ich mal wieder an zu heulen. Auch hier, in diesem Dorf - Ledigos - möchte ich nicht bleiben. Um mein Ziel zu erreichen muß ich mich an die vorgegebenen Etappen halten. Ich habe noch 2 Tage zusätzlich Zeit, aber zur Zeit bin ich nicht bereit mir diese zu nehmen und mir einzugestehen, dass ich eine Pause brauche. Ich habe gerade die halbe Wegstrecke hinter mir, wer weiß was noch kommt?
Also weiter, es sind noch ca. 8km bis Terradilos de los Templarios - diesen Ort habe ich mir für heute als Etappenziel ausgesucht. Mehr schlecht als recht erreiche ich Terradilos. Es gibt zwei Herbergen. Eine kurz vor dem Dorfrand, eine im Dorf. Ich nehme die erste Herberge, denn weiter komme ich auf keinen Fall mehr. Ich habe es übertrieben. Wie blöd mit Fieber noch fast 28km zu laufen!!! In Terradilos habe ich die Auswahl zwischen 4-Bett-Zimmer, 8-Bett-Zimmer und Schlafsaal. Der Unterschied liegt im Preis und ich gönne mir ein 4-Bett Zimmer, denn ich brauche die Ruhe. Jedes Zimmer hat ein eigenes Bad und erstmals nehme ich freiwillig das untere der Etagenbetten.
Ungeduscht lege ich mich in´s Bett und schlafe richtig lange.



Stephan, Horst, Fernando und etliche andere Pilger sind auch da. Irgendwann stehe ich wieder auf und setzte mich zu meinen Mitpilgern auf die Veranda. Es bläst ein kräftiger Wind, aber windgeschützt ist es in der Sonne wunderschön. Nach kurzer Zeit kann ich die Sonne nicht mehr vertragen und setzte mich in den Schatten. Dann merke ich, dass mein Kreislauf abrauscht. Die Ohren rauschen, ich kann kaum mehr hören, schwarze Flecken vor den Augen. Ich rufe Stephan der in der Nähe auf der Veranda sitzt und dann habe ich einen kleinen Aussetzer. Als ich wieder wach bin, hält Stephan mir die Beine in die Höhe, die Hospitaliera ist da und eine spanische Krankenschwester die ebenfalls pilgert. Als es wieder geht bringen mich Stephan und die Hospitaliera in mein Zimmer. Alle sind total lieb und besorgt. Irgendwer bringt noch eine Decke, weil mir so kalt ist. Da es keine Wämrflaschen gibt, bekomme ich Wasserflaschen die mit heißem Wasser gefüllt sind. Irgendwer bringt Tee. Ich schlafe, schlafe, schlafe... Zwischendurch kommt der ein oder andere in´s Zimmer um nach mir zu gucken. Ich bin total fertig. Muß mir dass denn ausgerechnet in einem garantiert arzt- und apothekenfreien Dorf passieren, das nicht einmal von einem Bus angefahren wird?!
Zu allem Überfluss kommt jetzt noch eine Magen-Darm-Geschichte hinzu.

Kranksein in der Fremde ist nicht schön, aber es ist toll zu spüren, wie bedingungslos wir Pilger uns gegenseitig in der Not helfen.

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