Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Triacastella - Sarria

24. Mai
Heute morgen habe ich mich von Annemarie und Josef verabschiedet. Die Beiden möchten heute eine Doppeletappe laufen. Sie möchten austesten, wie weit sie gehen können. Nach solchen Experimenten ist mir zur Zeit nicht. Ich spüre meine Knochen deutlich und ich habe Schmerzen beim Laufen. Nicht, dass die Füße Probleme machen - sie sind blasenfrei seit 600 Kilometern - aber ich habe Schmerzen im ISG. Meine bekannte Problemstelle macht das Laufen etwas schmerzhaft, das linke Bein klemmt in der Vorwärtsbewegung. Aber ich möchte nicht jammern und laufe weiter. So lange es so bleibt wie es ist, ist es in Ordnung.
Ich bin mir zu 100% sicher, dass ich Annemarie und Josef spätestens in Santiago wieder sehe. Ich weiß es einfach und es ist okay wie es ist.
Ich entscheide mich für den direkten Weg nach Sarria und lasse den Gedanken an das Kloster Samos fallen. Eigentlich schade, weil ich es immer anschauen wollte, aber ich habe keine Lust auf den Straßenweg.
So laufe ich bergauf und bergab durch ein Wäldchen und erfreue mich mal wieder an einem Sonnenaufgang. Die Luft ist feucht, der Weg ist schlammig, aber es regnet nicht mehr und die Wolkendecke lichtet sich. Die Bäume glühen im Licht der aufgehenden Sonne.







Irgendwann schaffe ich es mal wieder mich zu verlaufen. Nachdem der Matschweg ein kleine Straße kreuzt, zeigt ein gelber Pfeil nach links und ich laufe in die Richtung. Ich wunder mich etwas, da ich aus dieser Richtung gekommen bin, laufe aber brav weiter. Es sollte mich eigentlich stutzig machen, wenn ich nur noch wenige Pilger sehe, aber scheinbar habe ich es immer noch nicht begriffen. Vor mir laufen mehrere Koreaner und so denke ich nicht nach, obwohl vorher viel mehr Pilger zu sehen waren. Spätestens bei den knurrenden Hunden am Straßenrand hätte ich es eigentlich kapieren müssen. Da stehen zwei mehr als hüfthohe knurrende Hunde am Straßenrand und versperren den Weg und ich will immer noch in die falsche Richtung laufen. Die Koreaner lenken den Hund mit Stockklappern ab und ich passiere die Stelle. Irgendwann werde ich stutzig und mache mich bemerkbar, dass wir falsch sind. Freundlich verneinen die Koreaner und laufen weiter. Ich beschließe zurück zu gehen, es kann nicht richtig sein und der letzte Wegweiser ist auch schon ewig her. Der Rückweg wird wieder von den mir schon bekannten knurrenden Hunden versperrt. Ich habe eine elendige Angt und nichts, womit ich mich im Falle eines Angriffes wehren könnte. Ich überwinde meine Angst und gehe vorbei. Ich sehe im Augenwinkel Menschen hinter der Hofeinfahrt des Hundes und denke, dass ich im Notfall nicht allein sein werde. Nach ca. 5 Kilometern bin ich wieder da, wo ich die falsche Richtung eingeschlagen habe. Ich schaue mir den Wegweiser genau an und sehe, dass er irgendetwas Privates ausschildert, aber nicht den Camino. Ich setze meinen Weg in die richtige Richtung fort und direkt laufe ich wieder im Pilgerpulk. Das war nun das Verlaufen Nr. 2, nur habe ich es dieses mal noch später gemerkt und akzeptiert als beim ersten Mal.
Ich habe das Gefühl, dass der Weg für mich innerlich schon zu Ende ist. Ich habe alles erreicht was ich erreichen wollte. Ich bin eine sehr weite Strecke gelaufen, habe die Berge überquert und mir gezeigt was ich zu leisten im Stande bin.
Natürlich laufe ich weiter, schließlich ist Santiago mein Ziel und nicht Sarria, aber von der inneren Einstellung wäre es für mich nicht unbedingt nötig. Wie sieht dass denn aus, wenn ich nach 600 Kilometern den Camino abbreche, ohne körperliche Beschwerden zu haben (abgesehen von meinen kleinen Zipperleins). Gerade die letzten 100 Kilometer sind die Kilometer die jeder laufen möchte und mich reizen sie plötzlich nicht mehr.
Für heute reicht es. In Sarria entscheide ich für heute genug gelaufen zu sein. Ich liege absolut in meinem Zeitplan und es ist egal ob ich in vier oder fünf Tagen ankomme.
In Sarria nehme ich ein Zimmer in einer privaten Herberge. Nach über drei Wochen schlafe ich erstmals wieder in Bettwäsche und ohne Schlafsack. Die Herberge ist die teuerste auf dem Weg bisher.
Sarria ist die typische Anfangsstadt für die Kurzstrecken-Pilger und die Herbergen lassen sich den Touristenrummel etwas kosten.

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