Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

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Foncebadon - Ponferrada + Dia-Show 4

20. Mai 2008
Nach einer guten Nacht starte ich mit Beginn der Morgendämmerung zur nächsten Etappe.
Hier in der Höhe ist es eiskalt, gerade knapp über 0 Grad Celsius. Da ich beim Packen meines Rucksackes eher auf Sommer eingestellt war, ziehe ich wieder etliche Lagen Kleidung übereinander und starte. Durch die Bewegung wird mir sehr schnell warm. Es geht aufwärts, zum Cruz de Ferro sind es nur noch wenige Kilometer.
Der Blick über die Berge ist wunderschön. Im Tal hängen die Wolken, in der Dämmerung sieht man die Ruinen von Foncebadon. Besonders hervor sticht der kleine Glockenturm des Dorfes. Die Kirche ist im Wiederaufbau, es werden dort schon wieder Messen gelesen.



Stetig geht es bergauf, ich bin ziemlich auf der Höhe angekommen. In der Ferne sieht man schneebedeckte Gipfel und ich glaube, dass ich das Cruz de Ferro schon sehen kann, bin mir aber nicht sicher. Vielleicht ist es auch nur ein Strommast oder ein Pfahl der in der Gegend herumsteht.
Je näher ich komme, desto größer ist die Gewißheit, dass ich kurz vor dem Cruz de Ferro bin. Dieses Kreuz ist sehr bekannt. Auf einem Holzmast ist ein kleines Kreuz angebracht und dieser Mast steht in einem riesigen Steinhaufen. Jeder Pilger der das Cruz de Ferro erreicht legt dort einen Stein ab, symbolisch für das Ablegen von Sorgen. Viele Steine sind beschriftet, große Steine, kleine Steine, mittlere... Aus den vielen Steinen ist ein großer Beg geworden. Auch ich habe meinen Stein dabei, er ist nicht sehr groß, aber ich habe ihn von einer meiner Probewanderungen im Teutoburger Wald mitgebracht. Seit ca. 500 Kilometern habe ich diesen kleinen Stein dabei.
Es ist schön, am frühen Morgen an diesem Ort zu sein. Es ist noch sehr ruhig und nur wenige Pilger sind da. Am Tag ist das Kreuz ein Touristenmagnet und auch viele Pilger hinterlassen nicht nur Steine, sondern auch alles was man sonst nicht mehr braucht. In der Morgendämmerung strahlt der Ort eine sehr große Ruhe aus.




Ich werfe meine Stein lachend mit einer Träne im Auge auf den Steinberg. Nun ist mein Stein auch ein kleiner Teil des Ganzen. Der Stein ist unauffällig und nicht beschriftet, niemand wird wissen von wem er kommt, aber dass ist mir auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass ich ihn abgelegt habe.
Gut gelaunt wander ich weiter. Den Rastplaz am Kreuz habe ich nicht besucht. Für diesen Moment, wie an vielen anderen Morgenden möchte ich allein sein - und der Picknickplatz ist trotz der frühen Stunde schon gut besucht.
Meine Wanderkarte für den heutigen Tag muß ich in der Herberge in Foncebadon liegen gelassen haben, oder ich habe sie unterwegs beim Aufstieg verloren. Es ist kein großer Verlust, verlaufen kann ich mich nicht, aber so weiß ich nicht, wie weit es bis zum nächsten Dorf ist. Auf einen Kaffee würde ich mich sehr freuen, da es keine Frühstücksmöglichkeit in Foncebadon gegeben hat.
Da ich mich ziemlich auf der Höhe des Berges befinde, führt der Weg relativ eben über den Bergrücken. Heute steht ein 1000-Meter-Abstieg vor mir. Am Himmel kann ich sehen, dass es ein schöner Tag werden wird. Noch immer habe ich beim Atmen weiße Dunstwolken vor dem Gesicht. Ich genieße den Panoramablick und glaube in weiter Ferne Ponferrada für einen kleinen Augenblick sehen zu können.


Als nächstes erreiche ich die Unterkunft von Thomas, dem Tempelritter - Manjarin. Diese alternative Unterkunft ist sehr bekannt, aber ohne fließend Wasser, Heizung etc. Ich schaue einmal kurz in die Hütte, in der Hoffnung, dass es hier eine Frühstücksmöglichkeit gibt, bleibe aber nur kurz und gehe dann weiter. Viele die hier übernachten, empfinden es als wunderbar. Vielleicht muß man die Athmosphäre am Abend erlebt haben, aber mich reizt diese mehr als einfache Unterkunft nicht - nicht einmal für einen Kaffee.


Der Weg führt jetzt stetig steil bergab. Auf dem Weg liegen Geröllbrocken und Steine und ich muß gut aufpassen wohin ich trete. Bei schlechtem Wetter wäre dieser Weg nicht zu empfehlen. Es wäre gefährlich. Einerseits hätte man im Schlamm wenig Halt und Sicherheit beim Laufen und andererseits sind einige Wege wie schmale Flussbetten aus Stein. Bei Regen wird das Wasser hier in Massen runterfließen.
Hinter einer Biegung sehe in kurz vor mir, aber viel tiefer gelegen, das Dorf El Acebo.
Es sieht von hier oben richtig malerisch aus. Es ist so ein schöner Tag und ich freue mich, diese Strecke bei wunderschönem Wetter zu laufen. Die Temperaturen klettern mit dem Aufstieg der Sonne hinauf und es wird immer wärmer.




In El Acebo finde ich einen winzigen Laden und freue mich nach etlichen Stunden endlich fühstücken zu können. Mir kommt es vor, ob ich schon seit Stunden laufe, letztendlich weiß ich nicht wie spät es ist - und es ist auch egal. Ich habe keine Uhr mit auf diese Reise genommen. Die Zeit hat hier nicht die Bedeutung wie im Alltag.
Ich sitze etwas abseits vom Weg und genieße ein gutes Bocadillo und einen Kaffee in der Sonne. Komischerweise kommt hier fast niemand vorbei. Es ist keine typische Bar, sondern ein kleiner Dorfladen, der auch auf Anfrage Brote und Kaffee verkauft. Vielleicht gibt es hier noch eine weitere Bar oder in der Herberge wird Frühstück angeboten, ich weiß es nicht, aber es ist ungewohnt, niemanden beim Frühstück zu treffen. Normalerweise ist ein Lädchen mit Fühstücksmöglichkeit immer eine Anlaufstelle für alle Pilger.
Gestärkt laufe ich weiter. Für mich ist die heutige Etappe der Höhepunkt aller bisherigen Etappen. Die Landschaft ist traumschön, das Wetter ist ideal und die Farben faszinieren mich. Mohn, Ginster, viele grüne Sträucher, Zistrosen etc. begeistern mich sehr. Wie sehr unterscheidet sich hier die Landschaft von der Gegenseite des Berges. Der Aufstieg bis Foncebadon war eher durch eine karge Landschaft gekennzeichnet. Die Bäume ohne jegliches grün, eine relativ spärliche Vegetation und nun ist alles bunt und blühend.
Ich genieße und kann nicht genug von dem Anblick bekommen.





Als nächses erreiche ich das Dorf Molinaseca. Durch das Dorf fließt ein schöner Fluß, der aus den Bergen kommt. Das Dorf gefällt mir ausgesprochen gut, eingebettet in die Berge. Ich überlege einen Moment hier zu bleiben und die nächsten Etappen anders aufzuteilen, entschließe mich aber doch für das Weitergehen. Bis Ponferrada sind es noch acht Kilometer und in den nächsten Tagen werden auch etliche weite Etappen auf mich zu kommen, die die Berge durchqueren. Von Molinaseca bis Ponferrada geht es noch weiter abwärts, aber entlang der Straße, so dass der Weg lauftechnisch keine Schwierigkeitne bieten dürfte. Ich bin gut drauf, habe keine Laufbeschwerden und entscheide mich so zum Weiterwandern.



Die letzten Kilometer bis Ponferrada ziehen sich dann doch noch ganz gut in die Länge. Es ist sehr heiß geworden und längst habe ich meine morgendlichen Kleidungsschichten ausgezogen. Erstmals werden meiner Wasservorräte knapp und natürlich gibt es ausgerechnet jetzt weder Brunnen, Bar oder Laden zum Beschaffen von Wasser. Ich überlege kurz, ob ich an einer Haustür klingeln soll um um etwas Leitungswasser zu bitten, aber dazu kann ich mich dann doch nicht durchringen. Kurz vor Ponferrada finde ich eine kleine Bar und bestelle mir erste einmal Wasser und etwas Energie in Form von Cola, die ich sonst nicht trinke.
Danach fühle ich mich besser und laufe in die Stadt hinein. Der Weg führt wieder in großem Bogen um die Stadt herum und erst dann hinein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man den Weg hätte abkürzen können, aber jetzt bin ich da. Im Herbegsgarten steht eine irrelange Schlange von Rucksäcken und ich stelle meinen dazu. Einlaß ist frühstens in einer Stunde und bis die über 50 anderen Pilger eingecheckt haben, wird es noch einmal eine ganze Weile dauern. Der Herbergsgarten ist schön, mit vielen Sitzgelegenheit. Im Garten gibt es auch ein Häuschen mit Wasch- und Duschgelegenheiten und so lasse ich meinen Rucksack in der Schlange stehen, nehme mein Duschzeug heraus und erfrische mich schon einmal.


Nach der Dusche warte ich mit meinen Mitpilgern auf die Öffnung der Herberge. Die Wartezeit wird angenehm verkürzt. Im Garten werden kostenlos kalte Begrüßungsgetränke und Fußmassagen angeboten. Beides nehme ich sehr gerne an. So einen Service habe ich bislang noch nicht erlebt. Neben den Fußmassagen werden fußkranke Pilger auch begutachtet und verarztet.
Im Herbergsgarten steht ein Kilometerstein. Ich werde richtig wehmütig, als ich den Stein sehe. Nur noch 200 Kilometer, dass heißt ich habe jetzt 500 Kilometer geschafft. Noch ca. 8 Tage und ich bin am Ziel.
Ich könnte ewig so weiter wandern, mir geht es so gut dabei, dass ich noch gar nicht an das Ende denken möchte, aber unweigerlich kommt dieser Gedanke.
200 Kilometer müssen Radler und Reiter fahren oder reiten um die Credencial zu bekommen.
Für mich beginnt hier das Ende des Weges.


Dass Ponferrada etwas größer ist als die letzten Dörfer merkt man an den Öffnungszeiten des nahe gelegenen Supermarktes, der während der Siesta geöffnet ist. Passend zu dem heißen Wetter kaufe ich Melone, Joghurt und etwas Brot für die Abendmahlzeit ein. Ich besichtige die Altstadt mit der Templerburg und einigen Kirchen und begebe mich dann zur Herberge zurück.
Die heutige Etappe war für mich der Höhepunkt!


Dia-Show 4:
Sahagun - Ponferrada

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