Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

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Hontanas - Boadilla del Camino

11.Mai
Mein elfter Wandertag
Traumlos, aber herrlich ausgeschlafen werde ich morgens noch vor 6 Uhr wach. Eine Weile bleibe ich noch liegen und dann stehe ich auf und mach mich fertig zum Aufbruch. Die Bar ist morgens um 6 Uhr schon brechend voll - ich bin nicht die erste. Nach dem obligatorischen Kaffee geht es hinaus auf die Piste.
Es ist noch dunkel, aber das Wichtigste: es regnet nicht mehr!!! Der Vortag war wirklich mehr als nass und furchtbar. Verrückt, dass ich bei dem starken Regen noch 30 Kilometer gelaufen bin. Da es noch dunkel ist, leuchte ich den Weg mit meiner kleinen Taschenlampe ab. Durch den Schlamm, die Unebenheit und die vielen Steine besteht ein großes Sturzrisiko.
Nach kurzer Zeit treffe ich auf bekannte Gesichter. Annemarie, Josef und Winfried laufen vor mir her. In dieser Kombination gehen wir gemeinsam bis Boadilla del Camino. Mal schweigend und weit hinter einander, mal im Pulk erzählend.
Die Ruinen vom Kloster San Anton sind schnell erreicht. So frisch erholt von der Nacht laufen sich die ersten Kilometer immer sehr leicht und schnell.




Wir vier steuern die erste Bar bei Castrojeriz an und genießen dort unser Frühstück. Das Frühstück ist lecker und das Bocadillo größer als in jeder anderen Bar, aber der Preis ist heftig. 4,50 Euro. Na ja, was soll es!
Hauptsache ein Frühstück. Da das Bocadillo so groß ist, lasse ich es in zwei Hälften schneiden und habe so noch eine Mahlzeit für später. Wer weiß wann und wo es wieder etwas zu essen gibt. In Castrojeriz liegt eine Kirche direkt an der Straße und eine Burgruine oben auf dem Berg. Der Anblick ist schön, mit blauem Himmel wäre er noch schöner, aber ich bin auch mit grauen Wolken und Trockenheit zufrieden.


Hinter Castrojeriz sieht man schon den Weg den Berg hinauf führen. Laut meiner Wegbeschreibung ist das heute die einzige größere Steigung die es zu bewältigen gibt. Länger als eine halbe Stunde dürfte der Aufstieg nicht dauern.





Oben auf dem Berg angekommen sieht man eine große Flache Ebene, sonst gar níchts. Kurze Zeit später geht es wieder abwärts. Der Blick voraus, läßt eine Wetterbesserung erahnen, der Blick zurück fürchterliches. Aber wer schaut auf dem Camino schon zurück? Allen streben vorwärts, aber nicht zurück (bis auf den Rückblick beim Sonnenaufgang). Der Hügel den wir zuvor erklommen haben liegt in dunklen Wolken, nur der Weg ist von einem Sonnenstrahl erleuchtet. Hat das eine Bedeutung? Soll mir dieser Anblick etwas sagen? Auf jeden Fall macht mir dieser Anblick Mut.




Irgendwann ist Boadilla del Camino zu sehen. Boadilla ist zu sehen, ist zu diesem Zeitpunkt aber bestimmt noch geschätzte 8 Kilometer entfernt. Trotz der dunklen Wolken sieht die Natur schön aus. Die Beleuchtung ist zeitweise eigenartig und gespenstisch.






Mit Josef und Winfried haben Annemarie und ich ein wunderbares Zuggespann. Ich habe das Gefühl, dass wir den Wolken davon laufen. Ich glaube, dass ich noch nie so schnell, so weit gelaufen bin.
Zeitig erreichen wir Boadilla del Camino und machen uns direkt auf zur privaten Herberge. Wir bekommen unsere Betten in einem Raum mit 10 Etagenbetten. Die Herberge ist schön und hat einen wunderschönen Garten mit Pilgerskulptur und Swimmingpool. Nun wohne ich schon zum zweiten Mal in einer Herberge mit Pool und ausgerechnet diese Tage sind die kältesten Tage meiner Pilgerreise bislang. Im Dorf gibt es nichts zu sehen oder erleben. Neben der Kirche, auf der Stroche nisten, steht ein Schandpfahl, ansonsten dauert die Dorfbesichtigung nicht länger als 5 Minuten. Die Herberge liegt direkt an der Kirch im Mittelpunkt des Ortes.
Nicht mal eine Bar gibt es hier. In der Albergue wird ein kleines Mittagessen mit Suppe angeboten. Die Suppe war lauwarm und ekelig,  ich weiß nicht, was ich da gegessen habe - ich möchte es auch nicht wissen.
Die Erwartung an das Abendessen dass hier gegessen werden muß lassen mich schaudern. Vor einem Fenster der Herberge steht eine Plastikschüssel mit Schnecken in irgendeiner milchigen Flüssigkeit.
Schnecken werden hier viel gegessen. Morgens trifft man sehr viele Einheimische, die die Schnecken von den noch feuchten Sträuchern pflücken.
Aber was positiv ist: plötzlich nach unserer verspäteten Mittagsmahlzeit scheint plötzlich die Sonne. Der Herbergsgarten der bei meiner Ankunft von grauen Wolken überspannt war, sieht plötzlich ganz anders aus.
Plötzlich entsteht ein großer Eifer. Die Wäsche wird gewaschen und in die Sonne gehangen, die feuchten Schuhe werden in die Sonne gerückt, der Lehm abgekratzt, Stühle in den Garten getragen und plötzlich können wir alle die Sonne genießen.






Mit mehreren Pilgern beschließen wir, nicht am Pilgermenue teilzunehmen sondern uns Bocadillos servieren zu lassen. Außerdem gibt es noch einige Oliven, die wir aus dem Automaten gezogen haben, etwas Wein und alle Schokoladenreste die wir gemeinsam noch haben als Nachspeise.
Es ist ein netter Abend in dieser Runde. Mit dem Sonnenuntergang wird es wieder kühl. Zum Schlafen werde ich mich heute warm anziehen müssen.

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