Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

23. April - Sevilla + Dia-Show 1

Obwohl ich mich etwas vor meinem Zimmer in der Altstadt-Pension geekelt habe, habe ich gut geschlafen.
Froh darüber, dass es hier sowohl Bettwäsche, als auch Handtücher gibt, kann ich wenigstens duschen.
Ich fühle mich tendenziell wie ein Obdachloser, obwohl ich ein Dach über dem Kopf habe.
Keine Seife, kein Kamm, ich habe im T-Shirt geschlafen und habe keine Wäsche zum Wechseln.
Im Laufe des Tages wird voraussichtlich mein Rucksack geliefert, so dass ich dann wieder mit allem ausgestattet bin.
Das Frühstück in der Pension ist einfach, aber so wird es auch in den nächsten drei Wochen sein.
Es gibt Toastadas mit Marmelade, Kaffe, Leitungswasser und Orangensaft.
Da mich nichts in der Pension hält und scheinbar noch kaum ein anderer Gast wach ist, mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Ich freue mich auf den Tag in Sevilla. Mein erster Weg führt mich zur Kathedrale die ich gestern Abend nicht mehr besichtigen konnte.




Nur ein kleiner Nebeneingang ist geöffnet. Ich betrete die Kathedrale und gleich kommt ein Pater auf mich zu um mir zu sagen, dass die Kirche noch nicht geöffnet ist.
Ich erzähle, dass ich Pilgerin bin und die Via de la Plata laufen möchte - und plötzlich geht ein Strahlen über das Gesicht des Paters und ich darf herein kommen. Hinter mir wird die Kirchentür verschlossen. Der Pater geht in das Chorgestühl einer Seitenkapelle und beginnt dort mit den andren Patres die Messe zu singen.
Ich genieße die Stille in der Kathedrale. Ich bin fast ganz allein. Nur die Patres, eine Putzkolonne und ich. In aller Ruhe schaue ich mir das gewaltige Gotteshaus an.
Vor 20 Jahren bin ich schon einmal hier gewesen. Mit dem Schulorchester haben wir damals eine Konzertreise durch Andalusien gemacht. Ich kann mich an den eckigen Glockenturm, die Giralda, erinnern, sonst habe ich keine großen Erinnerungen an die Stadt.
In der Kathedrale ist es nicht möglich einen ersten Stempel für meine Credencial zu erhalten. Man verweist mich auf einen Termin am Nachmittag. Ich laufe um die Kirche herum auf der Suche nach der Jakobus-Statue im Portal und finde sie.



In der Nähe der Kathedrale treffe ich auf eine Pilgerin. Ein großer Teil aller Pilger ist optisch zu erkennen. So auch Ilona, eine 70 jährige Biologin aus Bielefeld. Wir unterhalten uns kurz und danach besichtigen wir gemeinsam die Stadt. Ich werde Ilona nicht wieder los. Einerseits ist es ganz nett, die Stadt nicht alleine erkunden zu müssen, andererseits empfinde ich Ilona als relativ anstrengend. Ihr Orientierungssinn ist nicht sehr gut - ständig läuft sie in die falsche Richtung. Gemeinsam schauen wir uns die Universität, die Plaza de Espana und einige Parks an. Gegen Mittag gehe ich zur Pension zurück um nach meinem Rucksack zu schauen. Hoffentlich ist mein Rucksack geliefert worden! Und tatsächlich - auf meinem Bett steht mein Rucksack. Auf dem Weg zurück komme ich in einen starken Platzregen. Von jetzt auf gleich, entleert sich der Himmel. Vor einem kleinen Obstgeschäft kann ich mich unter eine Markise stellen und da es nicht aufhört zu regnen, besorge ich im Obstgeschäft schon den Proviant für den morgigen Tag. 2 Bananen und einige getrocknete Aprikosen. Wie es der Zufall so will, laufe ich vor dem königlichen Palast "Reales Alcázares" Ilona in die Arme. Ich möchte mir den Palast anschauen. Ilona empfindet den Eintritt als zu teuer und will vor der Burg auf mich warten.



Nachdem ich sie darauf hingewiesen habe, dass Personen über 65 Jahre freien Eintritt haben, kommt sie mit.
Der Palast beeindruckt mich und erinnert mich sehr an die Alhambra, die ich 20 Jahre zuvor, besichtigt habe.
Diese maurische Burg ist mit so viel Liebe zum Detail gebaut worden. Die Verzierungen und der Innenhof sind wunderschön. Hinter der Burg liegt der große Park. Im Park stehen viele Orangenbäume mit leuchtend orangen Früchten. In einem stillen Winkel des Parks klettere ich auf eine Bank und pflücke mir einige Früchte. Ich setze mich in die Sonne und stelle bei der Kostprobe der Orangen fest, dass sie sehr saftig, aber unheimlich sauer sind. Sie riechen so gut und sind so sauer, dass sie nicht essbar - oder schmackhaft - sind.
Im Park läuft ein stolzer Pfau umher, die Brunnen plätschern und alles strahlt viel Ruhe und Würde aus.





Nach der Burgbesichtigung gehe ich wieder zur Kathedrale um dort meinen ersten Stempel für die Credencial zu bekommen. Vor dem Stempelhäuschen treffe ich eine Pilgerin, die am Vortag mit mir vom Flughafen in die Stadt gefahren ist. Ein netter, asiatischer Fahrradpilger ist ebenfalls da.
Den Abend lasse ich am Rio Guadalquivir in der Abendsonne ausklingen. Bereits heute habe ich nach dem ersten Wegweiser der Via Plata gesucht und ihn in der Nähe der Kathedrale gefunden.



Ob ich Ilona auf den Weg treffen werde, wird sich zeigen. Sie wartet noch auf eine Laufbegleitung die am Montag eintreffen soll. Sofern ich nicht ganz kurze, oder sie überlange Etappen läuft oder ich eine Pause einlege, werde ich sie wohl nicht wieder treffen. Es wird sich ergeben.
Die ersten Kilometer wird der Weg mich morgen noch durch den Stadtrand von Sevilla führen. Ich möchte ca. gegen 7 Uhr starten. Die ersten Kilometer werde ich im Dunkeln bei Laternenlicht zurücklegen und dann setzt auch schon die Dämmerung ein.
Ich freue mich auf die vielen vor mir liegenden Kilometer.


Dia-Show1:

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