Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

El Real de la Jara - Monesterio

28. April 2010
Mein 5. Wandertag

Die Nacht war wunderbar. In diesen kleinen Dörfern ist es herrlich ruhig. Nur selten fährt ein Auto durch die kleinen Straßen. Alois und Inge sind sehr ruhige Schläfer. Kein Schnarchen, lautes Atmen oder wildes Drehen. Ich stehe als erstes auf. Ich habe mich gestern im Dorf erkundigt, ob es eine früh öffnende Bar gibt. Ich gehe einige Meter auf dem Weg zurück um mir ein kleines Frühstück zu organisieren. In der Bar treffe ich auch Veronika und Klaus. Alois kommt auch irgendwann hinzu. Von Inge ist nichts zu sehen. Sie hat morgens die Angewohnheit noch auf dem Bett sitzend etwas zu meditieren. Ich gehe zu meiner Pension zurück um meinen Rucksack abzuholen. Von Inge ist nichts zu sehen, nur ihr Reiseführer liegt auf dem Bett. Sitzt sie eventuell noch im Garten um ruhig den Tag zu begrüßen? Falls ja, möchte ich sie nicht stören. Aber falls sie noch im Garten wäre, warum hat sie dann den Rucksack dabei?
Da Alois Rucksack noch im Zimmer steht und ich weiß, dass er noch in der Bar sitzt, überlege ich einen kurzen Moment den Reiseführer liegen zu lassen. Alois Rucksack ist viel leichter als meiner, da könnte er doch das Buch mitnehmen........ Nein, das gehört sich nicht. Vielleicht sieht er es im Halbdunkel auch nicht. Ich packe den Reiseführer ein und mache mich auf den Weg. Ich bin so froh, dass ich gestern meinen Reiseführer auf der Burgruine wieder gefunden habe, ohne wäre ich komplett ahnungslos (obwohl ich immer jemanden finden würde, der mich hineinschauen lassen würde - aber wichtige Informationen würden fehlen).
Schon nach kurzer Zeit erreiche ich den Grenzfluss zur Extremadura. Die vor mir liegende Burgruine habe ich gestern schon von der anderen in Sichtweite liegenden Burg gesehen. Vor mir auf dem Weg sehe ich José-Luis und ich freue mich ihn zu sehen. Wir beide haben uns bislang täglich auf dem Weg getroffen. Wir laufen das gleiche Tempo und grinsen uns an. Immer wieder kommt es zu Kommunikationsversuchen, aber er versteht mich nicht und ich ihn nicht. Zwischen den vielen Nicht-Spaniern muss er sich im eigenen Land wie ein Ausländer vorkommen.





José-Luis sprintet ohne die Schuhe auszuziehen durch den Bach. Ich denke, wenn er das kann, kann ich es auch. Das Wasser ist aber doch höher, als ich angenommen habe und so schwappt es oben in meinen Schuh hinein. Am Himmel kann ich sehen, und ich spüre die Temperaturen, dass es wieder ein wunderschöner Tag wird. Die nassen Schuhe werden schnell wieder trocknen. Der Weg führt durch viele Dehesas. Immer wieder erblicke ich Storche, die am Wegesrand auf Strommasten oder Nistgestellen sitzen. Ich finde diese Tiere wunderschön. Es sieht so majestätisch aus, wie sie durch die Luft segeln und die Thermik nutzen.
Vor mir läuft José, hinter mir erblicke ich Alois. Diese beiden Pilger, die ich seit meinem ersten Tag ständig treffe (José wohnte auch in Guillena im Hotel), kennen sich merkwürdiger Weise noch nicht. Zu dritt laufen wir durch die Natur und sind zufrieden.
Mit Alois kann ich wunderbare Gespräche führen. Er ist doppelt so alt wie ich, er könnte mein Vater sein, aber wir verstehen uns wirklich gut und er kann gut zu hören.
 



Die Natur wird flacher und der Weg zieht sich auf Schotterpisten an Stierweiden entlang. Glücklicher Weise stehen die Stiere hinter einem ordentlichen Drahtzaun. Frösche quaken, Vögel zwitschern, alles ist friedlich und ruhig. Der Weg bietet heute keinerlei Schwierigkeiten. Die einzige Erschwernis ist höchstens, dass es schon am frühen Morgen wirklich heiß ist. Die Sonne meint es gut mit uns. Sonnencreme und Hut sind ein absolutes Muss.




Am Wegesrand liegt eine große Schinkenfabrik und wir betreten den Verkaufsladen. Dort hängen die ganzen Schinkenbeine. In Spanien kauft man scheinbar eher eine ganze Haxe, als eine Lage Schinken.
Alois besorgt sich etwas Schinken für die nächste Mahlzeit und wir wandern weiter.
Die Piste führt uns zu einer großen Straßenkreuzung mit Autobahnauffahrten. Einen Moment lang müssen wir den Wegweiser suchen. Diese Stelle ist im Reiseführer noch anders beschrieben, der Neubau der Straße verwirrt kurzfristig. Wir sehen Dermot und Mireille suchend auf der anderen Straßenseite. Da wir den Wegweiser gefunden haben rufen wir sie um auf den Fehler aufmerksam zu machen.
Die nächsten Kilometer ziehen sich neben der Straße oder in Sichtweite zur Straße in die Länge. Mir ist furchtbar heiß und ich fühle mich total kaputt. Hinter der Straßenkreuzung treffe ich wieder den Polen Michael. Er ist alleine unterwegs und kämpft wieder mit seinem Gepäck. Wenn ich er wäre, würde ich das Zelt zurücklassen, oder nach Hause schicken. Ich weiß nicht, was er noch alles im Rucksack hat, aber er möchte sich nicht davon trennen. Meine Iso-Matte liegt in Almadén de la Plata und ich vermisse sie nicht. Ein Päckchen nach Hause, hätte den Wert der Iso-Matte bei weitem übertroffen. Aber jeder muss den Weg so gehen, wie es für einen richtig ist.



 Da Monesterio keine Herberge hat, laufen wir zu dem bei Pilgern bekannten "Hostal Extremadura". Die Nacht in den einfachen Zimmern kostet 12 Euro. Ich teile mir mit Inge ein Zimmer, Alois wohnt einige Türen weiter. Gemeinsam gehen wir zum Essen und treffen in der Bar Mireille und Dermot. Dermot bietet uns an, ihn im Taxi zu einem bekannten Kloster zu begleiten. Wir lehnen ab und treiben uns den Nachmittag nach einer Siesta im Dorf herum. Auch hier sind die Kirchen verschlossen. Plötzlich höre ich einen Ruf: "Anna".
Ich denke, warum drehst du dich um, du heißt Anne! Als ich mich suchend nach dem Rufer umblicke sehe ich Antonio aus einem Fenster gebeugt mir zu winken. Antonio! Er legt mit seinem Rad nur kurze Etappen zurück. Er hat Zeit. Wir freuen uns über die Begegnung. Abends gibt es auf der Plaza gegenüber vom Hostal eine Orange und einen Joghurt, das reicht. Mit Alois gibt es noch einen Caffee con leche und dann kehren wir abends in unser Hostal zurück. Auf der Dachterrasse ist die Wäsche wieder im Nu getrocknet. Es geht so schnell - das Wetter lässt sich nicht mit dem Wetter meines Camino 2008 vergleichen. Bis lang nur strahlender Sonnenschein, abgesehen von einem Platzregen in Sevilla.

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