Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Aldea del Cano - Cáceres

6. Mai 2010
Mein 13. Wandertag

Ich habe wundervoll geschlafen und kann es kaum glauben - mich hat heute Morgen mein Wecker aus dem Schlaf gerissen. Ich bin die einzige die schon wach ist und stehe leise auf, dabei ist es schon 6.40 Uhr. Leise ziehe ich mich an und begebe mich aus der Herberge.
Leider lässt sich die Tür von außen nicht zu ziehen. Innen steckt der Schlüssel und die Tür geht immer wieder auf. Einbruchgefahr besteht nicht, aber in der großen Wohnküche hinter der Haustür liegen Radpilger auf Sportmatten und schlafen. Es ist relativ kühl und ich möchte die Tür nicht aufstehen lassen. Meine Bemühungen werden von einem ebenfalls wachen Pilger bemerkt und er schließt die Tür von innen.
Die einzige Bar des Dorfes hat noch geschlossen und so beschließe ich mich ohne Frühstück auf den Weg zu machen. Das nächste Dorf, Valdesalor, kommt in 11,5 Kilometern und dort werde ich mir ein Frühstück organisieren. Selbst habe ich nur noch eine Banane und eine Orange. Die Orangen, nicht die vom Baum stibitzten, schmecken hier wunderbar. Lecker süß und saftig, wesentlich besser als in Deutschland.
Die Sonne zeigt wieder ein Naturschauspiel und geht wunderschön auf. Der starke Wind hat etwas nachgelassen und das Wetter ist hervorragend zum Wandern geeignet.



Der Weg führt mich auf dem gleichen Weg hinaus aus dem Dorf, über den ich auch das Dorf erreicht habe.
Es geht wieder über eine gut zu laufende Schotterpiste, an der etliche römische Meilensteine liegen.
Am Wegesrand werde ich, wie an vielen Tagen schon, von etlichen Weidetieren begrüßt und ich grüße sie zurück. Störche stehen in den Wiesen und am Wegesrand und werden durch mein Erscheinen aufgeschreckt.


Etliche kleine Wasserläufe gilt es auf Steinquadern zu überqueren. Einige der Wasserläufe sind so klein, unscheinbar und ausgetrocknet, dass die Überquerung auch ohne die Steinblöcke möglich wäre. Aber bei Regenwetter ist hier sicher alles aufgeweicht. Heute bin ich seit 13 Tagen unterwegs. 13 regenfreie, wunderschöne Tage. Ganz anders als der Camino, aber dennoch wundervoll.
Valdesalor ist schnell erreicht. Laut Reiseführer soll im Jahr 2010 eine Herberge, passend zum Heiligen Jahr, fertig gestellt werden. Da ich noch nicht gefrühstückt habe, verlasse ich den Weg und begebe mich in das Dorf. Ich finde weder die angekündigte Herberge, noch eine geöffnete Bar. Die Runde durch das ganz unspektakuläre Dörfchen hätte ich mir sparen können und folge weiter dem Weg.
An der Nationalstraße liegt eine verrauchte Fernfahrerkneipe, oder sie sieht danach aus. Ich gehe hinein, bestelle mein Frühstück, ziehe meine Schuhe aus und lege die Beine zum Frühstück hoch. Es tut so gut, die Schuhe zeitweise auszuziehen und die Beine hoch zu legen. Niemand schimpft oder meckert über so ein Verhalten und man sieht es häufig bei Pilgern. Es wird absolut akzeptiert, Matschschuhe irgendwo abzustellen und einen zweiten Stuhl für die Beine zu blockieren.
Gestärkt gehe ich nach dem Frühstück zurück auf den Weg. Da es wieder merklich wärmer ist, als am Vortag ziehe ich mein langärmeliges T-Shirt aus und laufe gut gelaunt weiter. In einiger Entfernung sehe ich vor mir Alois laufen. Er steht auf einer Brücke und studiert seinen Reiseführer. Mich hat er noch nicht gesehen. Als ich ihn einhole, freut er sich, dass ich da bin und wir laufen zu zweit weiter. Außer Alois bin ich heute noch niemandem begegnet.



Der Weg führt quer über das Flugfeld eines Sportflughafens. Es gibt keine Sicherheitshinweise, Absperrungen etc. Nein, es geht quer über das Flugfeld. Ich schaue suchend in den Himmel, sehe und höre kein Flugzeug und überquere das Flugfeld.



Von einem Hügel aus ist Caceres zu sehen. Der mittelalterliche Stadtkern von Caceres gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und ich freue mich, am Nachmittag diese Stadt besichtigen zu können.
Die Aussicht genießend bleiben Alois und ich auf dem Hügel sitzen und machen eine kleine Pause. Wir essen unser Obst, trinken Wasser und freuen uns an den umgebenden Farben. Der Ginster blüht leuchtend gelb vor dem strahlendblauen Himmel.


Nach Caceres sind es noch ca. 4-5 Kilometer und wir erreichen auf einem unspektakulären Weg Caceres. Auf dem Bürgersteig führt der Weg zur Altstadt hinauf. Die Altstadt liegt auf einem kleinen Hügel und thront über der restlichen Stadt. Ich verabschiede mich mal wieder von Alois, der sein Hostal suchen muss. Morgen wird er eine andere Etappe als ich laufen müssen, weil es in der Albergue am Tajo-Stausee keine Bettdecken gibt. Wir verabschieden uns ein zweites Mal, aber auch dieses Mal bin ich mir ganz sicher, Alois noch einmal zu treffen. Der Weg wird sich ergeben und ich werde merken, ob ich richtig oder falsch mit meinem Gefühl liege.



Der Weg in die Altstadt hinauf ist kurz und steil, aber kein Problem. Ich komme an der zentralen Plaza aus und bin geschockt. Menschen über Menschen, eine große Bühne auf der Plaza, angetrunkene Jugendliche auf allen Stufen und Bänken der Plaza. Hier findet ein Musikfestival statt und die Stadt ist überlaufen.
Ohne anzuhalten laufe ich zur Jugendherberge und nicht zur touristischen Altstadt-Herberge. Touristische Herbergen sind für alle zugänglich, nicht nur für Pilger und bei den Menschenmassen sind die wenigen Betten unter Garantie belegt. Ca. 1 km von der Altstadt entfernt gibt es eine Jugendherberge. Sie ist nicht sonderlich schön, aber ich bekomme problemlos ein Bett. Auch hier treffe ich auf feiernde Anhänger des Festivals.
Nach einer kurzen Siesta, die mich nicht zur Ruhe kommen lässt, laufe ich in die Stadt zurück um mir die Altstadt an zu schauen. Die Altstadt ist sehr schön, nur viel zu voll und laut.
Da es in Caceres einen großen Busbahnhof gibt, steige ich in den Bus und fahre dort hin.
Da ich von Salamanca den Bus nach Santiago nehmen muß, möchte ich auf Nummer Sicher gehen und mir frühzeitig ein Busticket kaufen.




Ich habe noch eine Woche Zeit bis zur Busfahrt nach Santiago, aber es kommen jetzt nur noch kleine Dörfer. Die Busplätze sind reservierungspflichtig und ich darf den Bus nicht verpassen. Eine kleine Abschiedsstimmung kommt schon jetzt dabei auf, aber so ist es sicherer.
Den Rest des Tages verbringe ich in der Altstadt und die Zeit vergeht schnell.





In meinem Doppelzimmer wohnt eine junge schweizer Pilgerin - Iris. Wir sind uns bisher noch nicht begegnet, obwohl sie auch in Sevilla gestartet ist. Iris ist eine wirklich nette. Letztes Jahr ist sie daheim in Luzern gestartet und in drei Monaten bis Santiago gelaufen!

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