Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Santiago de Compostela - Heimreise

17. Mai 2010

In meinem Klosterbett habe ich himmlisch geschlafen. Nach dem Aufstehen genieße ich eine luxuriöse Dusche und begebe mich in den großen Speisesaal. Neben mir scheint nur noch eine italienische Reisegruppe da zu sein. Das Frühstück ist einfach, aber ausreichend. Die Tische sind mit Papiertischdecken gedeckt und ich sitze zwischen den Italienern. Ich verstehe nur wenig, aber es ist eine religiöse Reisegruppe, die im Kloster wohnt. Als die Italiener mitbekommen, dass ich eine Pilgerin bin, steht der neben mir sitzende Gast auf und erzählt seiner Reisegruppe, dass ich Pilgerin bin.
Was nun passiert, kommt mir eigenartig und befremdlich vor. Alle Teilnehmer der italienischen Gruppe stehen nacheinander auf um mich zu umarmen und zu küssen. Man erklärt mir, dass sie meine positive Energie auf sich selbst mit der Umarmung übertragen wollen. Die Italiener feiern nach dem Frühstück im Kloster die heilige Messe und man lädt mich ein teil zunehmen. Nachdem man mich nach meiner Konfession fragt und ich bekenne evangelisch zu sein, lädt man mich wieder von der Messe aus. Als Protestant darf ich an ihrer Messe nicht teilnehmen.
Da mir nicht viel Zeit für Santiago bleibt und ich um 14 Uhr zum Flughafen fahren muss gehe ich nach dem Frühstück aus der Klosterpforte und stehe nach 100 Metern vor der heiligen Pforte der Kathedrale. Morgens um 9 Uhr stehen nur wenige Besucher dort und so kann ich nach 15 Minuten Wartezeit die heilige Pforte betreten. Leider wird man auf einem vorgegebenen Weg zur Jakobus-Statue im Altar und in die Krypta geführt. Danach muss man die Kathedrale wieder verlassen. Möchte man die Kathedrale besichtigen, erfolgt dieses über einen anderen Eingang.
Ich schlender etwas durch die noch leere Altstadt und gehe um 10.30 Uhr zur Kathedrale zurück. Ich freue mich zu sehen, dass gerade eine Messe gefeiert wird. Kurz bevor der Botafumeiro in Bewegung gesetzt wird, komme ich hinzu. Ich setze mich hin und erlebe erstmals den Botafumeiro. Es ist beeindruckend, wie das riesige Weihrauchfass durch das Mittelschiff der Kirche geschwenkt wird. In der Kirche herrscht eine große Unruhe. Fotoapparate blitzen, Videokameras laufen - von Andächtigkeit ist rein gar nichts zu spüren.
 


 
Nach der Messe bleibe ich auf meinem Platz sitzen und warte den Beginn der Pilgermesse ab, die eine halbe Stunde später startet.
Die Pilgermesse ist voll, bis auf den letzten Platz. Überall stehen und sitzen Pilger und Touristen in den Gängen. Die Ordner versuchen die Gänge frei zu halten. Rucksäcke dürfen nicht mit in die Kathedrale gebracht werden. Vor zwei Jahren fand ich es toll, kurz vor dem Beginn der Pilgermesse in Santiago an zu kommen, und direkt mit Rucksack in die Pilgermesse zu gehen. Auf Grund des heiligen Jahres und der Menschenflut ist das nun nicht mehr gestattet. Schade, es war ein tolles Gefühl.
Nach der Messe setzte ich mich in eine Bar und genieße einen letzten Cafe con leche und ein Stück Torta de Santiago. Jetzt gegen Mittag ist es wieder unerträglich voll in der Stadt. Zu all den Pilgern und Touristen kommt noch eine Kundgebung für ??????? Mit Sprechchören, Fahnen, Lautsprechern etc. ziehen diese Menschen zusätzlich zu den vorhandenen Massen durch die Stadt.
Mir machen diese Menschenmassen keinen Spaß und so bin ich froh, mich mit meinem Rucksack auf den Weg zur Bushaltestelle machen zu können.
Ich wollte im heiligen Jahr unbedingt einmal nach Santiago, aber so wie ich es erlebt habe, werde ich in Zukunft unheilige Jahre vorziehen.




Mit dem Bus bin ich schnell am Flughafen und checke ein. Ich bin erstaunt und überrascht, am Flughafen drei bekannte Gesichter zu sehen. Drei österreichische Freunde treffe ich zufällig. Hier in meinem Tagebuch habe ich sie nie erwähnt, weil es immer nur flüchtige Treffen waren. Aber Christian und Rosi mit Ehemann habe ich in Aleda del Cano, Aldanueva de Camino und in Fuenteroble de Salvatierra getroffen. Die drei haben sich in Salamanca ein Auto geliehen und sind Samstag nach Santiago gefahren. Heute fliegen sie, wie ich, über Palma Mallorca, nach Hause. Ein letzter Abschied von Via-Bekannten. Ein Abschied, mit dem ich in Santiago nicht gerechnet habe.
Die Rückreise wird mir genau so erschwert wie die Anreise. Bis Palma de Mallorca läuft alles planmäßig.
In Palma hat der Anschlussflieger nach Münster etliche Verspätung. Irgendwann sitzen wir im Flieger und bekommen keine Startfreigabe, da der Luftraum überfüllt ist. Als wir nach über einer Stunde die Freigabe zum Start bekommen, stellt sich heraus, dass es einen technischen Defekt im Cockpit gibt. Wir müssen zurück vom Flugfeld an unser Terminal um einen Techniker an Bord zu lassen. Es dauert wieder eine ganze Zeit, dann kommt der Techniker und nach einer weitern Wartezeit wird bekannt gegeben, dass das Flugzeug nicht flugfähig ist und nicht kurzfristig repariert werden kann. Wir bleiben im Flugzeug, derweil Air Berlin sich Gedanken macht, wie es weiter geht. Nach drei Stunden im Flugzeug dürfen wir alle wieder aussteigen. Es kann kein Flugzeug kurzfristig als Ersatz bereitgestellt werden. Um 22 Uhr wäre mein Flug planmäßig in Münster gelandet, inzwischen ist es 1 Uhr, am nächsten Tag. Mit mehreren Bussen werden wir in ein Hotel gefahren, dass wir gegen 2 Uhr erreichen. Todmüde lege ich mich in mein Bett.
Ich möchte nach Hause - ich habe keine frische Kleidung mehr, komme mir stinkig vor und habe keine Gelegenheit meine Wäsche zu waschen. Santiago de Compostela habe ich erst abends erreicht, und es blieb keinen Zeit zum Wäsche waschen. Es war kalt und spät am Abend, so dass die Kleidung nicht mehr getrocknet wäre. Jetzt ist es 2 Uhr in der Nacht, und bis zum Abholen aus dem Hotel um 6 Uhr trocknet die Wäsche auch nicht mehr. Also muss ich alles so tragen und hoffen, dass die anderen Fluggäste es nicht merken. Alle haben große, schicke Koffer dabei - nur ich habe einen kleinen Rucksack und nun keine Wechselkleidung mehr.
Um 6 Uhr morgens werden wir wieder zum Flughafen gebracht. Noch ist es unklar, wie wir nach Hause kommen. Es ist im Gespräch uns auf Restplätze in anderen Maschinen umzubuchen. Familien mit Kleinkindern und alte, kranke Passagiere sollen die wenigen freien Plätze nach Münster bekommen. Alle anderen Fluggäste sollen über Köln oder Düsseldorf nach Hause gebracht werden. Diese Maschinen würden aber erst gegen Mittag fliegen. Super, es ist 6.30 Uhr in der Frühe, und wir können voraussichtlich erst mittags fliegen und müssen dann noch mit Bussen nach Münster gebracht werden.
Plötzlich um 9 Uhr gibt es neue Anweisungen für unseren Flug. Ein Flugzeug wird zusätzlich eingesetzt und so können wir alle direkt mit 15 Stunden Verspätung heim fliegen.
Am Flughafen werde ich von meiner Familie abgeholt. Es war eine wunderbare Reise, aber jetzt bin ich froh wieder zu Hause zu sein und meine Erlebnisse teilen zu können.

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