Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Almadén de la Plata - El Real de la Jara + Dia-Show3

27. April 2010
Mein 4. Wandertag

Ich habe hervorragend geschlafen und fühle mich frisch und erholt. Langsam erwacht der Schlafsaal zum Leben. Über mir schläft eine Niederländerin die ich nicht namentlich kenne und bisher noch nicht gesehen habe. Sie ist behangen mit klimperndem Schmuck. Es sieht gut aus, macht aber Krach für drei. Einigen Pilgern ist es bisher mal wieder nicht aufgefallen, dass nicht alle sehr früh am Morgen geweckt werden möchten. Wenn ich aufstehe, so mache ich es seit meinem Camino, ziehe ich mich leise auf der Bettkante sitzend an. Da der Rucksack vollständig gepackt ist, nehme ich diesen und meinen Schlafsack mit hinaus aus dem Schlafsaal und packe draußen, auf dem Flur, alles ein. Die Niederländerin läuft bestimmt 10mal rein und raus, klimpert mit ihrem Schmuck und stolpert über die im Gang stehenden Rucksäcke.
Nun ja, jetzt bin ich wach und so stehe ich auf. Es ist erst 6.30 Uhr. Auf der Via Plata stehen wir alle viel später auf, als auf dem Camino. Keiner läuft im Dunkeln los. Da die Dämmerung erst gegen 7.00 Uhr einsetzt, macht es keinen Sinn vorher zu starten.
Vor der Herberge erwartet mich ein kleiner bellender, aber schwanzwedelnder Hund. Als ob wir uns seit Jahren kennen, freut er sich über mein Auftauchen und er begleitet mich in´s Dorf. Leider finde ich keine geöffnete Bar und so sitze ich auf der Plaza und warte, dass es so hell ist, dass ich den Weg erkennen kann. Der Hund leistet mir Gesellschaft und ist ein ganz Netter.
Der Weg führt an einer kleinen Stierkampfarena aus dem Dorf hinaus. Am Wegesrand stehen wieder große Kakteen, mit spitzen Stacheln. Ich bin kein Freund von Kakteen, aber ich finde diese riesigen Dinger faszinierend.
 



Mein tierischer Begleiter begleitet mich fast eine Stunde lang. Ich denke er wäre noch weiter mir gewandert, aber ich lasse ihn vor einem Weidetor zurück. Auf der Weide sehe ich Pferde und Kühe, aber die von mir erwarteten schwarzen Schweine kann ich nicht sehen. Angeblich durchquere ich heute Weidegebiete dieser frei lebenden Pata negras.
Die Sonne geht glutrot auf und taucht die Umgebung in einen Feuerschein.




Der Weg führt von einer Weide in die nächste. Ich habe das Gefühl, heute ist der Tag der Weidetore. Diese großen sperrigen Dinger lassen sich teilweise sehr schwer öffnen und jede Tür hat einen anderen Mechanismus.
Auch heute sieht die Landschaft wieder komplett anders aus als am Vortag. Mohn, Salbei, Lavendel, Kork- und Steineichen säumen den Wegesrand.





Etliche kleine Rinnsale und Bäche müssen über- oder durchquert werden. Das Überqueren der Bäche stellt kein großes Problem da. Die Bäche führen nicht all zu hohes Wasser und in den Bächen liegen viele Steine, so dass man die Bäche mit trockenen Füßen überqueren kann. An einem dieser Wasserläufe treffe ich wieder auf Dermot und Mireille. Sie sind wieder die ersten Pilger, denen ich heute begegne.
Auf steinigen Pisten schlängelt sich der Weg die Berge hinauf. Zwischen den Bäumen und den Hügeln sieht man immer wieder kleine Seen liegen. Das Sonnenlicht bricht sich im Wasser und die Umgebung spiegelt sich wunderschön im Wasser.




Irgendwo auf dem Weg treffe ich wieder auf Michael, den Polen. Er sitzt mit seinem 20kg-Gepäck am Wegesrand und kann nicht mehr. Michael sucht die beiden deutschen Jungs, die ich zusammen mit ihm im Naturpark "El Berocal" getroffen habe. Er hat sich diesen Jungs angeschlossen, und sie wollen ihn nicht dabei haben - haben sie mir erzählt - aber nicht ihm. Leider kann ich ihm nicht helfen, da ich die Jungs heute noch nicht getroffen habe. Ich finde die Situation schwierig. Soll ich ihm erzählen, was ich weiß?
Ich möchte ihn nicht enttäuschen, biete an mit mir zu kommen, aber er lehnt ab.
Der Weg führt mich immer höher und der Blick über das grüne, hügelige Andalusien ist wunderschön. Ich kann diese Ausblicke stundenlang genießen. Allein für diese 4 Wandertage hat sich die Reise schon gelohnt. In der weiten Natur fühle ich mich so frei. Es gibt keinen Termindruck. Es ist egal, ob ich um 12 Uhr, oder 16 Uhr an der Herberge bin, zur Zeit ist es noch kein Problem gewesen, ein Bett zu bekommen. Möglich ist, dass es durch den Vulkanausbruch zur Zeit weniger Pilger gibt, aber auch wenn die Pilger in den letzten Jahren auf diesem Weg zugenommen haben, ist er noch immer sehr einsam. Auf Grund dessen, dass es bisher kein Problem war einen Schlafplatz zu bekommen, habe ich ganz mutig, meine Iso-Matte in Almadén zurückgelassen. Irgendwo wird mein Bett mich finden.
Auf der Kuppe des Berges angekommen, biegt der Weg in einen kleinen Trampelpfad durch eine Schafwiese ab. Ich kann mich immer nur wiederholen und sagen, es ist atemberaubend schön.




Durch grüne Bergwiesen führt der Weg mich wieder auf eine Schotterpiste, die nach El Real de la Jara führt. Das Dorf lässt noch einige Kilometer auf sich warten, aber irgendwann kann ich die Burgruine des Ortes sehen. In Castilblanco de los Arroyos hat Inge-Johanna für uns schon ein Bett in der Pension Molina bestellt. Ich habe also keine Eile. Im Dorf angekommen, steuere ich zu erst auf eine Bar zu um endlich frühstücken zu können. Es ist 11.30 Uhr und ich bin nüchtern gestartet. Meine noch vorhandene Banane habe ich unbemerkt auf dem Weg verloren. Nach dem Frühstück suche ich meine Unterkunft. Da sie direkt am Weg liegt, kann ich sie nicht verpassen. In einem Privathaus werden einige Zimmer angeboten. Alois und Inge sind noch nicht da. Ich suche mir mein Bett aus und mache mich unter der Dusche frisch. Wie auf dem Camino wirft man sich morgens nur etwas Wasser an die wichtigsten Körperstellen und putzt seine Zähe. Alles andere wird nach der Ankunft erledigt. Die Privatunterkunft hat eine Gartenterrasse. Da man munkelte, dass es in Almadén Wanzen in der Herberge gegeben hat, wasche ich meine Kleidung gründlich und hänge meinen Schlafsack in die heiße Sonne. Offensichtliche Wanzenbisse habe ich nicht, aber sicher ist sicher.
El Real de la Jara, ist die Stadt der Zistrosen. Jara heißt übersetzt auf deutsch: Zistrose. Das Dorf ist ein typisch andalusisches weißes Straßendörfchen. Ich begebe mich bei heißer Sonne hinauf zur Burgruine und studiere auf den Burgmauern sitzend meinen Reiseführer und die nächste Etappe.
Ich genieße die Sonne und freue mich über den heißen Sonnenschein. In Deutschland ist es zur Zeit noch recht kühl. Da irgendwann mein Handy klingelt (die Eltern lassen grüßen) und die Ameisen arg beißen, gehe ich wieder hinunter in´s Dorf.




Von der Burgruine kann man schon die nächste Ruine, die Grenzburg zu Extremadura sehen. Morgen werde ich die Grenze zur Extremadura überschreiten.
Zurück in meiner Pension merke ich, dass mein Reiseführer fehlt. Wo habe ich ihn verloren? Es ist möglich, dass er in der Bar, in der Burg oder im Supermarkt liegen geblieben ist. Ich drehe eine zweite Runde durch alle Lokalitäten des Dorfes und finde ihn am letzten Punkt meiner Suche. Auf der Burgmauer liegt er noch so, wie ich ihn zurückgelassen habe.
Alois ist inzwischen in der Pension angekommen, niemand hat Inge heute gesehen oder getroffen. Wir machen uns leichte Sorgen, aber da sie fließend spanisch spricht, wird sie sich zu helfen wissen - für den Fall, dass sie Hilfe braucht. In der Pension ist ein deutsches Ehepaar eingetroffen. Veronika und Klaus. Klaus ist schon öfter die Via gewandert und redet sehr viel. Veronika ist ganz ruhig und still. Für sie ist es auch der erste Weg. Reinhard, ein deutscher Fahrradpilger trifft ebenfalls ein. Er ist sehr sympathisch und erzählt von seiner Radtour. Er wird von Santiago aus mit dem Rad nach Heidelberg zurück fahren.
Abends trifft dann auch endlich Inge ein. Ihr ging es am Vormittag nicht gut und sie wusste nicht, ob sie die Etappe schafft. Jetzt geht es ihr besser und alle zusammen gehen wir in die Bar um Abend zu essen.
Der heutige Tag war, wie alle anderen, wunderschön.
Die Ruhe auf dem Weg tut mir sehr gut.



Dia-Show3:
Castilblanco de los Arroyos - El Real de la Jara

1 Kommentar:

  1. Ich war letzte Woche auch in El Real de Jara. Nicht als Pilger. Aber diese Landschaft ist so reizvoll, wie die Menschen in ihr.

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